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  • Bild vom Pastorat Oeversee

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20.10.2015

Das Jahrhundertfeuer in Oeversee

Bild - Das Jahrhundertfeuer in Oeversee
© Hans Jürgen Ahlbory

Am 7. Januar 1980 brannte das Reet- gedeckte Gebäude des "Historischen Krugs" in Oeversee fast komplett ab. Nur ein Teil der weitläufigen Hotelanlage  blieb vom Feuer verschont.

Es war ein ruhiger Wintertag am Montag, den 7. Januar.  Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wehte ein leichter Nordostwind. In der gemütlichen Gaststube des Historischen Krugs in Oeversee hatte sich am Nachmittag eine kleine Runde zu einem Skatspiel zusammengesetzt, darunter auch der Fliesenlegermeister Paul Heinz Paulsen und der Gastwirt des Krugs, Hans Hansen-Mörck. Daran konnte sich der Oeverseer Wilhelm Jacobsen, der als Feuerwehrmann an den Löscharbeiten am 7. Januar beteiligt war, noch gut erinnern. Um etwa 14.45 Uhr kam der Nachbar, Peter Hansen, in die Gaststube gestürmt und sagt: "Hans, es kommt Rauch aus deinem Reetdach, es scheint zu brennen". Erst war der Gastwirt wenig beunruhigt und meinte: "Peter, das ist die Feuchtigkeit im Reetdach, die jetzt in der Sonne verdampft". Doch dann nahm die Runde deutlich den Brandgeruch wahr. Nach kurzer Zeit stand das ganze Reetdach des Kruggebäudes lichterloh in Flammen. Dieses brannte innerhalb von 30 Minuten bis auf die Grundmauern nieder. "Mein Mann versuchte noch zu retten was zu retten war, aber es war alles vergebens", sagt seine Ehefrau, Lenka Hansen-Mörck. Vier Leute hätten ihn festhalten müssen, damit er nicht in die Brandruine lief um noch einige Teile der wertvollen historischen Sammlung des Kruges zu retten.
Nach der Alarmierung  der hiesigen freiwilligen Feuerwehr, die sehr schnell an der Brandstelle war, wurde Großalarm ausgelöst. "Wir erkannten sofort, dass das Reet gedeckte Gebäude bei dem frischem Nord-Ost Wind ein übergreifen auf die Nachbargebäude auslösen könnte", sagt Robert Heidemann, seinerzeit Brandmeister der freiwilligen Feuerwehr Oeversee-Frörup. Nach kurzer Zeit seien insgesamt fünf Feuerwehren an der Brandstelle gewesen. Durch die sich rasend schnell ausbreitende Feuersbrunst im Reetdach des Kruges konnte ein kompletter Verlust des Hauptgebäudes nicht verhindert werden, lediglich das Nebengebäude, in dem sich die Hotelanlage des Krugs befand, konnte dank dem Einsatz der Feuerwehren gerettet werden. "Die Wasserversorgung für die Löscharbeiten stellte kein Problem dar,  da die Treene in unmittelbarer Nähe zur Brandstelle angezapft werden konnte", sagt Robert Heidemann. Noch tagelang seien die Kameraden der Feuerwehr mit Ablösch- und Aufräumarbeiten an der Brandstelle beschäftigt gewesen, so der Chef der Wehr. Die Brandursache wurde  von einem  Gutachter schnell geklärt. Eine Maus hatte bei neuverlegten Stromkabeln im Dachboden einem Kurzschluss verursacht - ein Handwerker hatte vergessen eine Abdeckplatte zu montieren. "Mein Mann hat es sein Leben lang nicht verkraftet, zumal der Krug unterversichert war und die umfangreiche historische Sammlung des Krugs vom Feuer vernichtet und unwiederbringlich verloren war", weiß Lenka Hansen-Mörck zu berichten.
Durch die Berichterstattung des Flensburger Tageblatts und anderer regionaler Zeitungen blieb der Brand des Historischen Krugs am Ochsenweg als "Jahrhundertbrand in Oeversee" im Gedächtnis der Bürger hängen.

Hans Hansen-Mörck ließ sich von diesem herben Rückschlag durch den Brand  aber nicht entmutigen. Innerhalb von nur 77 Tagen wurde Richtfest gefeiert und am 20. Mai konnte der Krug schon wieder feierlich eröffnet werden. Dabei trug der versierte Gastwirt der Tradition des Hauses Rechnung und versuchte den Krug im alten Stil, auch mit Reet gedecktem Dach, wieder aufzubauen und einzurichten, was ihm mit regionalen Handwerkern hervorragend gelungen ist. Sogar die bei dem Brand verloren gegangenen Antiquitäten konnten nach und nach ersetzt werden, sodass eine imposante Sammlung von historischen Bildern heute wieder im Krug bewundert werden kann. Allerdings musste Hans Hansen-Mörck dafür sein gesamtes Privatvermögen einsetzen. "Es wurde ein sehr schwerer aber letztendlich von Erfolg gekrönter Neuanfang", schreibt Lenka Hansen-Mörck in ihrem neu erschienenem Buch mit Geschichten aus fünf Jahrhunderten "Historischer Krug" in Oeversee.
Im Jahre 1981 kam die spätere Ehefrau von Hans Hansen-Mörck, Lenka Ladkova,  nach Oeversee und kaufte das zum Krug gehörende Restaurant "Fischerhus" am Sankelmarker See. 1982 heirateten Hans Hansen-Mörck und Lenka und führten gemeinsam den "Historischen Krug" mit neuen Impulsen anspruchsvoll weiter. Im Zuge des Autobahnbaus (A7) verringerten sich die Besucherzahlen dramatisch. Für das Ehepaar Hansen-Mörck war klar: Um weiter zu bestehen zu können musste kräftig investiert werden. 1984 wurde die 500 qm große  "Ayurveda-Beauty-Farm" mit Krugtherme eröffnet und die erste Ayurveda-Wellness und Thalasso-Hamam Bewegung deutschlandweit etabliert.. Damit begann die rasante Erfolgsgeschichte des "Historischen Krugs" in Oeversee, der auf eine lange Tradition zurück blicken kann und als "ältester" am uralten Heerweg und Ochsenweg gelegenen Krugs gilt. Hier wurden 1986 die "Nordischen Tafelfreuden" und 1987 auch das Schleswig-Holstein Gourmet Festival gegründet und erstmalig durchgeführt - regionale, ökologische Produkte  verarbeitet und im Takt der Jahreszeiten - nahmen ihren Siegeszug in Schleswig-Holstein. Und noch etwas hat Tradition: Die Begleitung von bisher über 300 Auszubildenden zu den Prüfungen in Hotellerie und Gastronomie. Mit Stolz blickt Lenka Hansen-Mörck dabei auf 15 landesbeste Auszubildende zurück.
Ganz aktuell wurde im Jahre 2015 das gesamte Gebäude des Historischen Kruges erstmalig nach dem Brand wieder neu mit Reet eingedeckt. Damit die umfangreichen Arbeiten bewältigt werden konnten, haben zwei Handwerksunternehmen aus der Region kooperiert.
Erstmalig erwähnt wurde der Krug im Jahre 1519, obwohl anzunehmen ist, dass es auch schon lange vorher an dieser exponierten Stelle - an der Kreuzung des Ochsenweges mit dem Stapelholmer Weg - eine Schankwirtschaft gegeben hat. 1624 bekam der Kirchspielkrug, wie er damals hieß, das königliche Privileg als Posthalterei. In den Kriegsjahren der Schleswig-Holsteinischen Kriege der Jahre 1850 und 1864 kam dem Krug eine besondere Bedeutung durch Pflege und Aufnahme von verwundeten, sowohl der Dänischen als auch der Österreichischen Soldaten,  zu. 1851 erhielt die Krögerfamilie erneut das "Königliche Privileg" von König Christian VII für den Krug. Er ging später als erstes Feldlazarett des Internationalen Roten Kreuzes in die Geschichte ein. Noch heute wird der "Historisch Krug" in Oeversee beim Internationalen Roten Kreuz in Genf als Ort der Humanität geehrt und die Historie aufrecht erhalten.

Foto 1: Die Katastrophe: Binnen kürzester Zeit brannte das Haus bis auf die Grundmauern nieder; die Feuerwehr hatte keine Chance.
Foto 2: Frisch eingedeckt: Der Krug heute
Foto 3: Lenmka Hansen-Mörck mit der beim Brand beschädigten Urkunde - Königliches Privileg - von König Frederik VII. von Dänemark

Wir danken dem sh:z / Flensburger Tageblatt für die Zurverfügungstellung dieses Berichtes. Titel: Das Jahrhundertfeuer in Oeversee, Erscheinungstag 20.10.2015, Text Hans Petersen, Fotos: Hans Jürgen Ahlbory, Hans Petersen


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