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  • Bild vom Pastorat Oeversee

Der Oeversee-Marsch

135 Jahre Oeversee-Marsch · 6. Februar 1864-1999

Nach der Schleswig-Holsteinischen Erhebung von 1848 setzten die europäischen Mächte alles daran, den dänischen Staat in seinem alten Bestand wieder herzustellen. So unterzeichneten am 8. Mai 1852 Österreich, Frankreich, Großbritannien, Preußen, Rußland, Schweden und Dänemark in London ein Protokoll, in dem die Erbfolge für die Länder der dänischen Krone festgelegt wurde. Der dänische König blieb Herzog von Schleswig und von Holstein, beide Herzogtümer standen also weiter unter dänischer Verwaltung. Direkte männliche Nachkommen des Königs wären Erben des Titels. Die unterzeichnenden Staaten des Londoner Protokolls waren davon überzeugt, dass nur die Integrität der dänischen Monarchie das Gleichgewicht der Kräfte und damit den Frieden in Europa bewahren konnte.

Am 13. November 1863 wurde vom dänischen Reichstag eine neue Verfassung beschlossen, die u. a. das Herzogtum Schleswig als Teil des dänischen Staates auswies. Sie stand also im Widerspruch zum Londoner Protokoll. Zwei Tage später, am 15. November 1863, starb jedoch der dänische König, der keine direkten Erben hatte, ohne diese Verfassung unterschrieben zu haben. Sie konnte also nicht in Kraft treten. Doch innerhalb von drei Tagen wurde ein neuer König ausgerufen, der dann die Verfassung für den dänischen Gesamtstaat unterschrieb.

Das Herzogtum Schleswig gehörte damit zum Machtbereich dieses Gesamtstaates, und die Erbfolge für das Herzogtum Holstein wurde nicht eingehalten. Der König war nicht bereit, auf dem Verhandlungswege auf einen Teil seiner Rechte nach der neuen Verfassung zu verzichten. Ein Krieg war unvermeidlich, zumal die verbündeten Preußen und Österreicher ihrerseits nicht auf ihren Einfluss im Norden verzichten wollten.

Der Oberbefehlshaber der Armee Preußens und Österreichs, Feldmarschall von Wrangel, forderte den dänischen General de Meza auf, das Herzogtum Schleswig kampflos zu räumen. Der dänische General erwiderte in einem Schreiben, er stehe bereit, jeder Gewalttat mit Waffen zu begegnen.

Preußen und Österreicher machten sich auf den Weg nach Norden. Übrigens durften die österreichischen Truppen auf ihrem Marsch nicht die Bereiche des Deutschen Bundes betreten. So kam es, dass sie große Umwege z. B. über Tschechien in Kauf nehmen mussten und etwas verspätet in die kriegerische Auseinandersetzung eingreifen konnten. Mit der Überquerung der Eider bewegten sich die Truppen nach Norden in das Herzogtum Schleswig.

Die Dänen hatten das wohl größte Bollwerk, das Danewerk, freiwillig geräumt, weil vorauszusehen war, dass die Schlei und die Überschwemmungen der Rheider Au zufrieren und damit der Vorteil der Gesamtstellung am Danewerk verloren ging. Der Rückzugsbefehl kam am 5. Februar 1864 spät abends und für die dänischen Truppen überraschend. Die ungünstige Witterung erschwerte einen geordneten Abmarsch. Es herrschte strenger Frost, die Straße war spiegelglatt, ein schwerer Schneesturm peitschte aus Nordost den Truppen entgegen. Hier in Oeversee wurde am 6. Februar 1864 eine Nachhut der Dänen festgesetzt, um die nachrückenden Österreicher aufzuhalten. Das Gelände nördlich des Dorfes war damals ausgezeichnet beschaffen, um die Chaussee, die von Schleswig nach Flensburg führte, zu sperren. Das Gefecht bei Oeversee nahm seinen Anfang. In eisiger Kälte prallten Mann gegen Mann aufeinander. Mit den inzwischen eingetroffenen Geschützen der Österreicher wurden sofort die dänischen Stellungen bedrängt.

Ein geordneter Rückzug der Dänen war schon nach kurzer Zeit nicht mehr möglich. Daher gaben die Dänen das Signal zum Angriff. Eingefrorene Gewehre wurden als Kolben oder mit dem Bajonett benutzt. Es war ein grausames Gefecht, das letztlich mit Hilfe eines Teils des Regiments des Großherzogs von Hessen gegen die Dänen in knapp drei Stunden entschieden und gewonnen wurde. In der in dieser Jahreszeit rasch eintretenden Dunkelheit konnten die Verwundeten nur schwer geborgen werden.

Die Verluste, die dieses Gefecht gefordert hatte, waren auf beiden Seiten sehr hoch. Die Österreicher verloren 95 Mann, darunter 11 Offiziere. Verwundet wurden 311 Soldaten. Auf dänischer Seite gab es 40 Tote, 134 Verwundete und 542 unverletzte Gefangene.

Die militärische Entscheidung dieses Krieges fiel am 18. April in Düppel.

In Flensburg hatte man von dem grausamen Gefecht gehört, und ein Augenzeuge aus Flensburg berichtete damals wie folgt:

"Am 6. Februar 1864 verfolgten die Österreicher die dänische Armee und brachte sie zum Stehen am Sankelmarker See, das Treffen von Oeversee genannt. Der Anprall war beiderseits ein mächtiger, und manch Österreicher gab sein Herzblut für Schleswig-Holstein. Das Schlachtfeld lag wie besät mit Toten mit schrecklichen Verwundungen. Ich selber habe es mit eigenen Augen angesehen, und noch heute schauderts mich bei dem Rückgedenken."

Am 7. Februar 1864 machten sich Flensburger Bürger mit Pferd und Wagen auf, beladen mit Betttüchern, Wolldecken, Verbandszeug, Medikamenten und Esswaren, um den vielen Verwundeten und Gefangenen in Oeversee zu helfen. In großen Töpfen wurde "Frische Suppe" mitgebracht, um die Soldaten auch mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen.

Der Oeverseekrug wurde damals zum Lazarett. Hier wurden Freund und Feind gepflegt. Die Wirtsleute erhielten vom Kaiser Franz Joseph für das humanitäre Verhalten das Kriegsverdienstkreuz in Gold verliehen und das Haus durfte sich "Historischer Krug" nennen. Es ist seinem Namen jederzeit gerecht geworden, denn das Restaurant gleicht einem Museum. Die Bilder, Waffen, Helme etc. in allen Räumen sind eindrucksvolle Zeugnisse des damaligen Geschehens.

Die Hilfsaktion der Flensburger Bürger war mit einem großen Spendenaufruf verbunden, der sehr erfolgreich war. Der Überschuss des Geldes reichte aus, um die Denkmäler in der Nähe des Sankelmarker Sees zu errichten. Das Stammkomitee von 1864 entstand.

Das Denkmal der Dänen
Hinweis zum Österreicher Denkmal
Österreicher Denkmal
Österr. Denkmal mit Blick zum See

(Bilder anklicken zum Vergrößern)

Seither gehen in jedem Jahr am 6. Februar etwa 300 bis 400 Flensburger Bürger aus allen Schichten der Bevölkerung zu Fuß nach Oeversee, um der Gefallenen und der humanitären Tat ihrer Vorfahren zu gedenken. Sie starten um 9.00 Uhr am Flensburger Neumarkt ihren 10-km-Marsch nach Oeversee. Im Bilschau-Krug wird eine Rast eingelegt. Es folgen Kranzniederlegungen am Preußen-, Dänen- und Österreicher Denkmal sowie eine Gedenkrede am Österreicher Denkmal und das gemeinsame Singen des Schleswig-Holstein-Liedes.

Ein gemeinsames Essen aller Teilnehmer, nämlich das Oeversee-Essen, schließt sich an und findet nunmehr in einem großen Saal in Tarp satt. Dazu gibt es Flensburger Bier und Bommerlunder.
Die Organisation dieser großen Veranstaltung wird nach wie vor vom Stammkomitee von 1864 e.V. durchgeführt. Übrigens ist das der einzige eingetragene Verein in Deutschland, der nur aus fünf Mitgliedern besteht. Die Mitglieder werden auf Lebenszeit gewählt.

Das Gefecht bei Oeversee hat damals eine große Bedeutung für die Deutschen im Norden gehabt. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass das Herzogtum Schleswig immer ein Streitobjekt war. Die heutige Grenze zu Dänemark ist wieder die, die bereits 1920 bei einer Volksabstimmung festgelegt wurde. Das Zusammenleben der Dänen und der Deutschen beiderseits der Grenze ist heute sehr gut.

Wir danken Herrn Werner Heydorn, Ehrenbürgermeister der Altgemeinde Oeversee, für diesen Bericht.