In diesem Kapitel sind zeitgenössische Berichte aus der Geschichte Oeversees nachzulesen
Zum Wappen der Gemeinde Oeversee:
Die Zentralfigur des Oeverseer Wappens ist der Wehrturm der Feldsteinkirche aus dem 12. Jahrhundert. Er ist Ausdruck der Lage des Ortes an der alten Heer- und Handelsstraße (dem Ochsenweg), dargestellt durch den silbernen Wellenfaden. Der blau tingierte obere Teil des Schildfußes versucht die bildliche Umsetzung des Ortsnamens, der mit "über den See" gedeutet wird. Gemeint ist der Sankelmarker See.
Die fruchtbaren Wiesen der Treeneniederung werden durch den grün gehaltenen unteren Teil des Schildfußes symbolisiert. In der (heraldisch gesehenen) linken Oberecke zeigt das Gemeindewappen ein Wassermühlrad. Es steht für die nordöstlich des Ortsteiles Frörup an der Treene gelegene Wassermühle, deren Geschichte sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen läßt. Sie war die einzige Zwangsmühle der Uggelharde; sämtliche königliche Untertanen mußten hier ihr Korn mahlen.
Die historischen, für den Landesteil Schleswig bedeutenden Ereignisse der Schlacht von Oeversee 1864, sind in Form zweier gekreuzter Säbel im heraldisch rechten Obereck dargestellt.
(Das Gemeindewappen Oeversee wurde von Heinz Reinhold aus Stenderupfeld geschaffen)
-
Über unseren Ortsnamen
Die Schreibweise für unsere Gemeinden, Gewässer und Landschaften waren in früheren Jahren sehr unterschiedlich. Dieses ist auch beim Studium alter Karten ersichtlich. Eine einheitliche Schreibweise wurde erst unter den Preußen eingeführt.
Für FRÖRUP sind folgende Schreibweisen bekannt: 1472 – Frodorpp, 1483 – Frodorp und 1652 erstmalig Frörup. Der Name ist auf die dänische Sprache zurückzuführen. Er setzt sich aus dem altdänischen Frøth und thorp zusammen, woraus im Neudänischen Frodorp wurde.
Für OEVERSEE variierten die Schreibweisen noch stärker. 1462 wurde es Ouertze geschrieben und 1472 in einem Lehnsregister Aversee oder Ouersee. Außerdem sind auch die Schreibweisen Ouerße, Auersehe, Ouersehe und Ouersee bekannt. Der Name wird so gedeutet, dass im Südjütischen wohl „øver æ sø“ mit „über dem See“ zu übersetzen ist. Von Norden gesehen liegt Oeversee über dem (Sankelmarker) See. Es gibt allerdings auch Deutungen, die den Treßsee mit einbeziehen.
Der SANKELMARKER SEE hat seinen Namen eindeutig vom Ort Sankelmark, der im Jahre 1652 „Sancklam“ genannt wurde.
Bei der TREENE gibt es wieder unterschiedliche Schreibweisen und Deutungen. Im Jahre 1323 finden wir die Schreibweise Trea, später Treya, Treen Stromb und 1652 gar Trenn. Der Ursprung ist wohl auf „Træaa“ zurückzuführen, was mit „Waldfluss“ übersetzt werden kann. Dieser Name gibt uns auch einen Hinweis auf die ehemalige Struktur unserer Landschaft, die in früheren Jahren von riesigen Wäldern bedeckt war.
Die Namensgebung für unsere Landschaft STAPELHOLM ist auf Stapel und Holm zurückzuführen, was soviel wie Insel, Erhöhung bedeutet. Die ersten Hinweise auf diesen Namen findet man schon im Jahre 1352.
Über den Namen der UGGELHARDE, die erstmalig 1231 als Ugglæheret erwähnt wird, berichten wir an anderer Stelle dieser Chronik. Hier nur soviel: Auch hier ist der dänische Wortstamm maßgebend: Uggel = Eule.
Aus der Chronik von Sieverstedt haben wir die Deutung des Namens IHLSEE entnommen. Es war tatsächlich ein See, denn es ist nachgewiesen, dass er 1587 an die Einwohner von „Frodorp“ und den Krüger von „Overversehe“ für 40 Mark verpachtet wurde. Der Krugwirt gab für die Fischerei und den Aalfang 6 Mark.
Ihlsee ist wohl auf „Ilsio“ = Schilfsee zurückzuführen, ein Name, den wir übrigens auch an anderen Orten unserer Heimat wiederfinden. -
Kreuzung Ochsenweg - Stapelholmer Weg
Die verkehrspolitische und militärische Bedeutung Oeversees ergab sich aus seiner Lage am Heerweg/Ochsenweg, der Abzweigung zum Stapelholmer Weg und der Furt durch die Treene.
Der Ochsenweg verlief parallel zur heutigen L 317, der ehemaligen Bundesstraße 76. Er war der einzige Verkehrsweg auf dem Land zwischen Skandinavien und dem übrigen Europa. Oeversee war Raststätte für die Pilger aus Nordeuropa zu den drei berühmten Wallfahrtsorten Jerusalem, Rom und Santiago de Compostella in Spanien.
Von ihm zweigt bei Oeversee eine wichtige Handelsstraße ab, der Stapelholmer Weg. Er führt entlang der Treene nach Hollingstedt, den Nordseehafen der Wikingerstadt Haithabu. Der Abzweig hat vermutlich zur Ansiedlung und zur Auswahl des Standortes unserer Kirche geführt.
Im 12. Jahrhundert wurde die Wehrkirche erbaut. Der Rundturm war als Wehranlage mit Schießscharten ausgestattet und war dem Heiligen Georg geweiht, dem Schutzpatron der Reisenden. Die beiden Trassen waren wichtige Frachtwege für Kaufleute, Pilger, Soldaten und Könige. Alle mussten einmal rasten, schlaffen und verpflegt werden. Aus Rastplätzen wurden Kröge und der älteste Krug Schleswig-Holsteins ist der Historische Krug Oeversee. Seine Geschichte geht bis auf das Jahr 1519 zurück und wird ein anderes Mal erzählt.
Heute gibt es ausgewiesene Rad- und Wanderwege auf den historischen Trassen des Stapelholmer Weg, Ochsenweg und Pilgerweg quer durch Schleswig-Holstein, auf denen man entschleunigt Reisen kann.
-
Das Gefecht von Oeversee 1864
Es war im Juni des gewitterschwangeren Jahres 1914. Zur Erinnerung an die Kämpfe und die Befreiung vor fünfzig Jahren rüstete das Land. Gemeinsam kamen Deutsche und Österreicher, wie sie vor fünfzig Jahren gemeinsam gekämpft hatten. Die Waffenbrüderschaft wurde auf den Hügeln von Oeversee erneuert – sie gewann damals einen ganz neuen Sinn. Es gibt keinen Ort hier im Lande, an dem diese Gemeinschaft lebendiger zutage treten könnte. Denn Oeversee war zwar ein Sieg der Österreicher, aber eine Folge von Arnis – Kappeln und der Vorläufer für Düppel.
Zum letzten Male sollte das Dannewerk seine Kraft beweisen. Es war möglichst modern ausgebaut und mit Feld- (96) und Festungsgeschützen (181) versehen. Im Januar 1864 besetzte es der kluge und umsichtige De Meza mit der Hauptstärke der dänischen Wehrmacht (38000 Mann). Denn jetzt drohte der Angriff der vereinigten Preußen und Österreicher unter General Wrangel. Schnell hatten diese von Kiel und Rendsburg aus im Osten die Gegend südlich von Schleswig und südlich der Schlei wie den Westen bis in die Umgebung von Friedrichstadt besetzt. Deutlich war Moltkes Anweisung:“ Es kommt darauf an, der dänischen Armee den Rückzug von Schleswig nach der Aufnahmestellung von Düppel zu verlegen, d. h. ihr schon bei Flensburg zuvorzukommen; die ersten Tage nach Überschreitung der Eider werden von besonderer Wichtigkeit sein". Sie wurden es – freilich in einem anderen Sinn als Moltke gewünscht hatte. Die Preußen unter Prinz Friedrich Karl sollten das dänische Heer im Osten umgehen. Der erste Versuch bei Missunde am 2. Februar misslang; er warnte die Dänen.
Erst vier Tage später, am 6. Februar, konnte der Prinz mit 21000 Mann bei Arnis und Kappeln auf die Nordseite der Schlei übergehen. Und nun sollte nachgeholt werden, was von vornherein hätte geschehen müssen. Mühsam schoben sich die preußischen Marschkolonnen auf den verschneiten und vereisten Wegen vorwärts – sie kamen vor Flensburg an, als die Dänen die Stadt schon wieder verlassen hatten.
Wie kam das?
Umsichtig hatte De Meza alle Bewegungen der Verbündeten verfolgt. Blieb er in der Dannewerkstellung, so war das dänische Heer sicher; mit einem Schlage – etwa bei Idstedt – wäre es in der Umklammerung vernichtet worden. Dänemark aber wollte den Krieg hinziehen, damit seine Freunde, die Großmächte, eingreifen konnten; sie regten sich schon. Darum beschloss er den Rückzug bevor es zu spät sei. Die Dänen begannen damit am 5. Februar nach Einbruch der Nacht um 7 Uhr. Der Artillerietroß und die Bagage brachen zuerst auf und Truppenteil folgte auf Truppenteil; die letzten marschierten am 6. Februar morgens mit Tagesgrauen ab.
Erst 4 Uhr morgens erkannten die österreichischen Vorposten den Rückzug und meldeten, dass die Dänen die Stellungen verlassen hätten; erst um 8 Uhr morgens aber ordnete Gablenz die Verfolgung an. Die Dänen hatten einen Vorsprung von fast 12 Stunden. Ihre Nachhut, die 8. Brigade, wehrte bei Helligbek (gegen 10 Uhr) mit leichter Mühe den ersten Angriff einer halben Eskadron Lichtenstein-Husaren ab, etwas mühsamer dann einen zweiten Angriff nördlich von Stenderupau. Südlich Frörup litt sie unter dem Feuer einer österreichischen reitenden Batterie, die mit den Husaren vorangeeilt war. Aber sie kam doch geschlossen bis nach Oeversee und dem Sankelmarker See (gegen 2 Uhr).
Dort hatte die 7. Brigade eine Aufnahmestellung unter dem erfahrenen Oberst Max Müller auf den waldbedeckten Kuppen östlich der Flensburger Straße bis zum Walde am Sankelmarker See hin eingenommen. In drei Linien hatte er seine Kompanien, Kopenhagener Ersatz, hintereinander aufgestellt. Von den Kuppen aus beherrschte er das gesamte Vorgelände bis zur Treeneniederung und die Straße nach Oeversee vollständig. Im Westen schützte der Sankelmarker See, dessen Eis noch nicht trug. Rückwärts in der Senke nach Munkwolstrup hin das 11. Regiment mit seinen zwei Bataillonen als Reserve. Oberst Müller hatte den Auftrag, den Rückzug bis zur Nacht zu decken. Gegen 3 Uhr fuhren sechs Geschütze der Österreicher auf beiden Seiten der Straße südlich der Treene auf und eröffneten das Feuer.
Dann ritten die Lichtenstein-Husaren zwischen See und Straße eine Attacke, die verlustreich abgewehrt wurde. Zugleich entwickelte sich die Infanterie der Brigade Nostitz. Sie gehörte zu den besten Truppen der Österreicher, es waren Deutsche aus der Steiermark und Oberösterreicher, an der Spitze die 9. Jäger, dann zwei Bataillone des Regiments König der Belgier und zwei Bataillone des Regiments Großherzog von Hessen (Linz). Sie hatten fünf Tage auf Vorposten gestanden, drei Nächte in der Winterkälte biwakiert und seit vierundzwanzig Stunden nicht abgekocht. Aber sie griffen an. Es blieben nur noch anderthalb Stunden, denn gegen 5 Uhr brach die Dämmerung ein.
Mutig gingen sogleich die zwei Kompanien der 9. Jäger auf beiden Seiten der Straße gegen die Höhe vor, aber sie erhielten starkes Feuer. Der Angriff stockte. Wirksamer war, dass die beiden Bataillone des Regiments Belgier sich östlich von der Straße an der Treene nacheinander entwickelten. Geschlossen stürmten sie mit den Jägern trotz schwerer Verluste die Höhen hinan und drangen in den Wald ein. Die dänischen Linien wurden im Bajonettkampf durchbrochen. Ein Teil von ihnen (Kompanie des 1. Regiments) wurde westlich in den Wald westlich der Straße gedrängt. Das dänische Regiment 11 kam zur Hilfe auf dem östlichen Hügel herbei, konnte aber das Vordringen der Österreicher nicht aufhalten. In erbittertem Kampf wurden die Dänen zersprengt und auf Bilschau und Munkwolstrup zurückgeworfen.
Das Dunkel brach herein und löste die Gegner voneinander. Immerhin hatte die dänische Nachhut das Drängen der Österreicher einige Stunden aufgehalten, hatte erreicht, dass die Hauptmasse der dänischen Truppen unter dem Schutz der Vorpostenkette von Wielenberg (an der Straße Flensburg – Solt) über Jarplund nach dem Schäferhaus in Flensburg ruhen konnten. Von da setzten die Dänen ihren Rückzug – infolge einer falschen Meldung schon um 1 Uhr nachts – ungestört weiter nach Düppel fort.
Als am 7. Februar morgens 7.30 Uhr die ersten preußischen Reiter (Ulanen und Husaren vom III. Korps) in Flensburg einritten, trafen sie die letzten dänischen Abteilungen im Abmarsch. Das dänische Heer war auf dem Weg nach Düppel, das konnte nicht mehr verhindert werden.
Ungleich waren die Verluste:
bei den Österreichern 30 Offiziere 403 Mannschaften
bei den Dänen 17 Offiziere 766 Mannschaften
davon unverwundet gefallen 6 Offiziere 536 Mannschaften
vermisst -- 67 Mannschaften
Was war des 6. Februars Bedeutung. Militärisch betrachtet ein Rückzugsgefecht, das von dem Führer der dänischen Brigade, Oberst Müller, gut angelegt und geleitet und von den österreichischen Truppen mit großer Tapferkeit und Energie durchgekämpft worden ist. Aber dieses Gefecht hielt die Dänen nicht etwa in oder bei Flensburg fest, sondern beschleunigte vielmehr ihren Rückzug. So wurde es ein Vorspiel zu dem Kriegsgewitter, das sich vollständig erst bei Düppel und auf Alsen entladen sollte.
In einem Geleitwort zu diesem und anderen Aufsätzen schreibt Landrat Wallroth im September 1931:
„Wenn der Kreis sich entschlossen hat, dieses Buch herauszugeben, so geschieht es nicht, um ein großangelegtes Heimatbuch zu schaffen, sondern um in einem bescheidenen Rahmen dem Einzelnen die Heimat näher zu bringen und Fremde anzuregen sie zu besuchen.
Quellennachweis: “Der Landkreis Flensburg“, Herausgegeben im Auftrag des Kreisausschusses, erschienen im Kunstdruck- und Verlagsbüro Kiel 1931; Bildquelle: SHLEX
-
Die Fröruper Friedenseiche
Im Oktober und November brausen wieder die Herbststürme über das Land und der Wind reißt das welke Laub von den Bäumen.
Die Fröruper Friedenseiche hat schon viel Stürme und Schneekatastrophen überstanden. Sie hat das Kaiserreich und zwei Weltkriege miterlebt, hat die Weimarer Republik und das sogenannte 1000-jährige Reich überlebt. In unserer heutigen freiheitlichen Bundesrepublik fühlt sich der Baum scheinbar besonders wohl, denn er denkt noch lange nicht daran abzutreten, sofern die Menschen ihm das Lebensrecht nicht nehmen. Seine Zukunft war schon einmal durch den geplanten Ausbau der Dorfstraße in Gefahr. Der Standort machte den Planern Schwierigkeiten. Die Eiche sollte am liebsten verschwinden. Jedoch Bürgermeister und Gemeinderat haben sich dafür eingesetzt, dass das alte Fröruper Wahrzeichen mit seiner großen Vergangenheit erhalten bleibt. Man hat eine Verkehrsinsel gebaut und den Straßenverkehr auf dem Stapelholmer Weg und Bäckerberg um sie herum geführt.
Laut Überlieferung hatten die alten Fröruper nach dem gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg von 1870-71 beschlossen, in mitten des Dorfes eine Eiche zu pflanzen, aus Dankbarkeit, dass die meisten ihrer tapferen Krieger unversehrt aus dem Völkerringen heimkehrten und aus Freude, dass nun wieder Frieden eingekehrt war. Ihren jungen Sprössling nannten sie fortan „ Friedenseiche“. Die Handlung soll ganz feierlich vonstattengegangen sein. Mit einem geschmückten Wagen wurde eine kräftige Jungeiche aus dem nahen Wald geholt. Es formierte sich unter Beteiligung der gesamten Bevölkerung ein festlicher Umzug mit Musik durch das Dorf zum heutigen Standort. Das Dorfoberhaupt, der Gemeindevorsteher, wie man ihn damals nannte, hielt eine würdige Ansprache. Beim feierlichen Pflanzakt wurde dem Wurzelwerk eine versiegelte Flasche mit Urkunden und Zeitungsausschnitten beigefügt und dem Baum Wachsen und Gedeihen gewünscht.
Ein Zeitzeuge, damals 14 Jahre alt, berichtet in der Oeverseer Chronik von diesem Ereignis:
Die Eiche wurde aus Frörupholz geholt. Der Wagen war mit vier Schimmeln bespannt, dann ging es mit Musik durch das ganze Dorf. Als sie eingegraben wurde, ließ die Gemeindeverwaltung eine Flasche Wein und eine Flasche mit wichtigen Schriftstücken eingraben. Die Schulkinder haben dabei gesungen.
Der alte Baum würde, wenn er reden könnte viele Geschichten erzählen. Sie können aber auch die Geschichten in der Oeverseer Chronik lesen.
-
Thinghy-Denkmahl und Gerichtsstätte
Autofahrer, die sich auf der Landesstraße L317, (der ehemaligen Bundesstraße 76) von Oeversee kommend in Richtung Schleswig bewegen, werden es kaum bemerken, dass sie kurz vor Verlassen des Gemeindegebietes von Frörup an einem der größten Hügelgräber unserer näheren Umgebung vorbeifahren. Radfahrer und besonders Fußwanderer werden sie aber schon gesehen haben, die beiden Grabhügel beim landwirtschaftlichen Betrieb der Eheleute Helmut Möller in Frörup.Während es sich bei dem flacheren um einen überpflügten Hügel von 20 m Durchmesser und 1,5 m Höhe handelt, weist der größere die imposanten Ausmaße von 25 m Durchmesser und gut 6 m Höhe auf. Nach der Flurkarte von 1805 wird dieses historische Gelände „Thinghuisblock" genannt. Pastor Henningsen aus Oeversee (1854-64) wies mit einem Schreiben an das Kgl. Amtshaus in Flensburg auf „Thinghui" hin und merkte an, dass der Grabhügel zu jener Zeit noch nicht „durchgraben" gewesen sei. Zwischenzeitlich, so meinen ältere Bürger, sei der große Hügel von oben geöffnet worden. Auch seien nicht wenige Kubikmeter Sand von dort abgefahren worden.
Es sind leider nur noch wenige größere archäologische Monumente, die den Verlauf des vorgeschichtlichen Heerweges der Stein- und Bronzezeit von Skandinavien in die südlichen Länder markieren, vorhanden. Entlang dieser Trasse siedelten sich seither Bauern und Krugwirte an, um den Durchreisenden zu Diensten zu sein. Im Verlaufe der weiteren Zeit bildeten sich die Dörfer an dieser Durchzugsstraße, deren äußeres Erscheinungsbild sich nunmehr asphaltiert darstellt.
Im Gemeindegebiet von Oeversee sind noch zahlreiche Grabhügel und Steingräber verzeichnet und einige auch noch gut zu erkennen.
Der Name THINGHY deutet auf ein Thing, eine Gerichtsstätte, hin und so war es vor vielen Jahren auch. Auf dem riesigen Hügelgrab, einem der größten in unserer Landschaft, war lange Zeit die Thingstätte der Uggelharde, einem der vier Gerichtsbezirke die früher, das heißt, bis zum Jahr 1867 zum Amt Flensburg gehörten. Das Amt Flensburg wiederum umfasste seinerseits den Stadtbezirk Flensburg und die angesprochenen vier Harden, namens Husbyharde, Wiesharde, Nieharde und Uggelharde. Die Harden werden im Jahre 1231 erstmalig in „Waldemars Erdbuch" genannt, sind aber mit Sicherheit sehr viel älter.
Über die Bedeutung des Wortes HARDE gehen die Meinungen der Wissenschaftler stark auseinander. Einig ist man allerdings darin, dass es sich dabei zunächst um eine militärische Einheit gehandelt hat. Das Wort jedenfalls kommt aus dem Dänischen und soll „herred" in der Bedeutung von „Schar, die nach dem Ort des gemeinsamen Gerichts, der gleichen Kult- oder Verwaltungsstätte reitet" übersetzen. In späterer Zeit hat sich aus dem Wort Herred der Begriff des Gebiets in dem diese Einheit wohnt, entwickelt. Andere Meinungen zielen darauf ab, dass es sich um eine militärische Einheit handelte, die dem König ein Schiff, die dazugehörige Mannschaft und die Ausrüstung zu stellen hatte. Erst später, nämlich im frühen Mittelalter, wurde die Harde ein Gerichtsbezirk mit einem Thing.
Auf dem HardesThing (-ding) wurde alles, was für das Öffentliche in damaliger Zeit wichtig war, verhandelt. Nicht nur Verbrechen oder Eigentumsdelikte, sondern auch Angelegenheiten, die heute der „freiwilligen Gerichtsbarkeit" unterliegen, nämlich Vormundschafts- und Nachlaßangelegenheiten, wurden auf dem Ding zur Sprache gebracht und die darüber entstandenen Streitigkeiten durch Gerichtsspruch geregelt. Auch Grundstücksübertragungen fanden hier statt, und darüber wurde eine förmliche Urkunde (die Dingswinde) ausgestellt. Den Vorsitz bei allen Gerichtstagen, die an jedem zweiten Sonnabend abgehalten wurden, führte der Hardesvogt, der vom König ernannt wurde. Zugegen auf dem Ding waren die freien Landbesitzer, Bonden genannt. Unfreie hatten bei dem Gerichtstag keine Stimme. Das Ding wurde unter freiem Himmel abgehalten und der Dingplatz durch vier Stöcke gekennzeichnet. Waffen durften zum Ding nicht mitgebracht werden bzw. mussten vorher abgelegt werden.
Das Ding galt als heilig, und Störenfriede wurden empfindlich bestraft. Dem Hardesvogt als Gerichtsherrn standen für die verschiedenen Gerichts-handlungen Geschworene (Näffninger) zur Seite, die von den Hardesleuten jeweils für ein Jahr gewählt wurden. Über andere Sachen wiederum entschieden Sandmänner, die auf Lebenszeit vom jeweiligen Landesherrn ernannt wurden. Je Trint gab es zwei Sandmänner in der Uggelharde; so waren also mindestens acht Sandmänner für ihren Teil der Rechtsprechung zuständig. Sie hafteten mit ihrem Eigentum für die Wahrhaftigkeit ihrer Entscheidungen und wurden außerdem bei wissentlicher Fehlentscheidung streng bestraft und natürlich ihres Amtes enthoben.
Die Sandmänner (sand = wahr) traten auf dem Landesding auf, das alle zwei Wochen, und zwar an den Samstagen, an denen kein Hardesding war, stattfand. Das Landesding für alle Harden im Herzogtum Schleswig fand regelmäßig in Urnehöved bei Apenrade statt.
Die Harden waren in Trinte unterteilt, die von einem Rechensmann geführt wurden. Diese hatten dafür zu sorgen, daß in ihrem Zuständigkeitsbereich alles in geordneten Bahnen verlief und konnten sich dabei der ihnen zugeteilten Hardesbevollmächtigten bedienen. Die Uggelharde, die eine Eule (dän. = ugle) in ihrem Amtssiegel führte, lag südwestlich von Flensburg und war unterteilt in das Oeverseer Trint und in jeweils ein weiteres für Groß- und Kleinsolt, für Sieverstedt und für Jörl.
Über den Mittelpunkt der Uggelharde gibt es unterschiedliche Auffassungen. Während E. Freytag (Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte, Band 1 Seite 6 und Chronik der Gemeinde Sieverstedt) Stenderup für den Hauptort hält, schreibt Pastor Jensen in seinem Buch „Angeln" dieses Attribut dem Ort Eggebek zu. Gesichert jedoch ist, dass das Thing auf dem Thinghy und später bei der Kirche zu Oeversee abgehalten wurde, bevor es in den Holzkrug in Süderschmedeby verlegt wurde.
Nach unseren Unterlagen hat im Jahre 1744 im heutigen Hause Treenetal 2 der Hardesbevollmächtigte gewohnt und vermutlich ist deshalb die Bezeichnung ”Das Thinghaus” überliefert. Die Lage des Thingplatzes weist zumindest bei den älteren Harden nicht direkt auf den Hauptort der Harde hin. Man hat aber schon stets Wert darauf gelegt, die Thingstätte so zu legen, dass sie von allen Bewohnern bequem erreicht werden konnte. So liegt Thinghy direkt bei der Verbindung zwischen dem alten Ochsenweg mit dem Tondernweg, der ja in der Nähe auch den alten Stapelholmer Weg und die Treene kreuzt. Eine lagemäßige Verbindung von Thing und Kirche ist nicht feststellbar.
Ebenso wie die Thingstätte hatte jede Harde auch eine Richtstätte, also einen Galgenberg. Dies hat die Überlieferung des Volkes immer schon stark beschäftigt. Die Richtstätte der Uggelharde befand sich zuletzt östlich vom Sankelmarker See auf der Anhöhe auf der heute das Österreicherdenkmal steht. Bei den Vorbereitungen für das Fundament dieses Denkmals stieß man auf einige Balkenreste, die, wie sich herausstellte, Reste eines Galgens waren.
Diese Art der Rechtsprechung galt bis zum Inkrafttreten der Preußischen Gerichtsverfassung im Jahre 1867, als die Gerichtsbarkeit den Amtsgerichten zugewiesen wurde. Beispielsweise wurde das Kirchspiel Oeversee dem damaligen Amtsgericht Flensburg IV zugeteilt.
Die Stellung der Hardesvögte, die den Harden vorstanden, und dies oftmals mehrere Generationen lang in gleicher Familie, wurde nach der Gerichtsverfassung stark geschmälert. Ihnen blieben nur noch gewisse polizeiliche Befugnisse. Die Hardesvogtei wurde im 19. Jahrhundert soweit es die vier Flensburger Harden anbelangt, von Flensburg aus geführt. Sie unterstand den Weisungen des Landrats. Mit der Kreisreform vom 26. Mai 1888 wurden schließlich auch die Hardesvogteien aufgelöst.
-
Wassermühle in Frörup
Die Fröruper Wassermühle hat eine lange Geschichte und wird in der Chronik der Gemeinde Oeversee ausführlich beschrieben, daher hier nur eine Kurzform.
Eine an der Mühle entdeckte Messingplatte mit der Jahreszahl 13?? lässt auf eine Errichtung in dieser Zeit schließen. Als Bauherr ist das im Jahre 1210 gegründete Rudekloster in Glücksburg anzusehen. Die Klöster bemühten sich zur damaligen Zeit in sehr starken Maße um den Bau von Mühlen.
Nach zunehmenden Einfluss der Reformation verloren auch die Klöster in Schleswig-Holstein ihre Vormachtstellung. 1543 ging die Mühle in den Besitz des damaligen Königs Christian III von Dänemark über.
Bis zum Jahre 1854 bestand ein Mühlen-Zwang. Für die Fröruper bedeutete dies, dass sämtliche königliche Untertanen der 6 Kirchspiele: Oeversee, Großsolt, Kleinsolt, Sieverstedt, Eggebek und Jörl verpflichtet waren, ihr Korn nur in der Zwangsmühle Frörup mahlen zu lassen.
Während der Zeit des Mühlen-Zwanges war die Mühle eine Erbpachtmühle.
Am 2. Dezember 1812 brannte die Mühle völlig nieder. 1814 wurde sie wieder aufgebaut. 1854 wurde der Mühlen-Zwang aufgehoben. Der Pächter musste sich nun selber um Kundschaft bemühen. Er schien seit dieser Zeit nicht mehr viel Freude an der Mühle gehabt zu haben. Im Jahre 1864 verkaufte er sie.
Der nächste Besitzer versuchte, mit einem Bäcker zusammen, neue Wege in der Bewirtschaftung der Mühle zu gehen. Neben der Mühle wurde 1870 eine große Bäckerei eingerichtet.
In zwei riesigen Backöfen wurde Brot gebacken und am frühen Morgen in Brotwagen nach Flensburg und in die umliegenden Ortschaften gebracht. Mit der Bahn wurde das Brot sogar bis nach Husum und Tönning geliefert. Nach einem Besitzerwechsel im Jahre 1882 wurde die Bäckerei nicht mehr weitergeführt.
Ein zweites Mal brannte die Mühle im Jahre 1887 völlig nieder und wurde so wieder aufgebaut, wie sie noch Heute zu sehen ist.
Zu vermerken ist außerdem, dass die Mühle auch einen Generator betrieb, um die Gebäude mit elektrischem Strom zu versorgen. Die Mühle war daher das einzige Haus im Dorf, schon vor der Versorgung durch die Schleswag im Jahre 1921, „elektrifiziert“.
Im Laufe der Jahre geschahen an der Mühle noch allerlei Veränderungen.
Die technische Entwicklung führte dazu, dass im Jahre 1958 das alte Wasserrad durch eine Wasserturbine ersetzt wurde. Im Jahre 1975 stellte der letzte Müller in Frörup, Andreas Hansen, den Mühlenbetrieb ein.
-
Nachtwächter in Frörup und Oeversee
Mit dem Wachsen der Städte im Mittelalter kam auch der Beruf des Nachtwächters auf. Er ging nachts durch die Straßen der Stadt und sorgte für Ruhe und Ordnung. Zu seinen Aufgaben gehörte es die schlafenden Bürger vor Feuer, Feinden und Dieben zu warnen. Er überprüfte die Haustüren und Stadttore auf ordnungsgemäßen Verschluss. Er hatte das Recht, Personen, die nachts unterwegs waren, anzuhalten, zu befragen und notfalls festzunehmen. Seine Ausrüstung bestand aus einer Stangenwaffe (Lanze, Hellebarde), einer Laterne und einem Horn.
Im Protokollbuch der Dorfschaft Frörup von 1873 fanden die Schreiber der Chronik einen Beschluss über die Anstellung eines Nachtwächters und dessen Entlohnung.
Einen ähnlichen Beschluss gab es im November 1879 auch im Dorf Oeversee.
Über die Gründe geben die Protokollbücher keinen Aufschluss, auffallend ist, dass beide Beschlüsse im November erfolgten. Aus dem Fröruper Protokoll geht außerdem hervor, dass diese Tätigkeit mit Beginn des Frühjahres wieder aufhörte. Man kann sich gut vorstellen, dass die Brandgefahr in den Wintermonaten wegen der gefüllten Scheunen und der intensiven Verwendung von offenem Licht und Feuer erheblich größer war als in der wärmeren und helleren Jahreszeit.
Im Protokollbuch der Dorfschaft Frörup ist die Arbeitszeit des Nachtwächters vom 17. November 1873 bis zum 16. März 1874 festgelegt. Seine Entlohnung betrug pro Nacht 7 Schilling Courant.
Die heutigen Nachtwächter sind in privaten Sicherheitsdiensten angestellt und für den nächtlichen Objektschutz tätig. In einigen Städten sind Stadtführer als Nachtwächter unterwegs und erzählen über die Stadtgeschichte.
Das Foto zeigt einen Kupferstich aus einem Lesebuch von 1799. So ähnlich hätte auch unser Nachtwächter in Frörup und Oeversee aussehen können. Der hier abgebildete hat einen Spieß in der Hand und ein Horn umhängend, und ist bei kalter Witterung warm bekleidet.
-
1866 Postzustellung Frörup
Das Jahr 1864 gilt als Wendepunkt für das Postwesen in Schleswig Holstein. Nach dem 2. schleswigschen Krieg richteten die österreichischen und preußischen Besatzer in Kiel eine gemeinsame „Ober-Post-Inspektion“ ein. 1867 nach der Annexion durch Preußen, wird sie als Oberpostdirektion fortgeführt. Die Post entwickelt sich nun in Riesenschritten: Die Landzusteller erreichen die kleinsten Dörfer und die Eisenbahn beschleunigt die Post. Neue Produkte kamen dazu: 1870 die Postkarte, 1883 das Telefon. Am 01.04.1866 wurde in Frörup die Postzustellung eingeführt. Das zuständige Amt war die Postagentur in Tarp. Die Postzustellung erfolgte zu Fuß.
1902 wurde in Frörup eine „Annahmeposthilfsstelle mit Telegraphenbetrieb“ eingerichtet. Verpflichtet wurde der Kaufmann Nicolaus Thomsen. Er betrieb eine Baustoff- und Holzhandlung.
Vor seinem Haus, heute Bäckerberg 2 (Villa), wurde ein Briefkasten angebracht. Aufgabe war die Annahme von Sendungen und Zustellen von Telegrammen. Der Zustellbezirk für Telegramme umfasste die Bereiche Augaard, Frörup, Juhlschau und Oeversee.
1905 wurde die Ausrüstung für die öffentliche Fernsprechstelle geliefert. Die Gesprächsgebühr von Frörup nach Oeversee, Tarp und Jerrishoe betrug für ein einfaches Gespräch 10 Pfennig.
1912 beendete Nicolaus Thomsen seinen Dienst.
Die Annahmestelle wurde zwei Häuser weiter in das Haus des Kaufmanns Ludwig Thomsen, heute Bäckerberg 6, verlegt.
1913 und 1917 wurde die Annahmestelle nochmals verlegt, bis 1921 wieder der Kaufmann Ludwig Thomsen zum Poststelleninhaber ernannt wurde. Er betrieb einen Kolonialwarenladen am Bäckerberg. 1923 wurden für diesen Bezirk die ersten Dienstfahrräder angeschafft.
Die Auflösung der Post- und Telegrafenstelle Frörup erfolgte zum 31.07.1929. Grund war die Neuorganisation im Bereich des Postamtes Flensburg.
Um 1900 galt die Postkarte noch als schnellstes und zuverlässigstes Kommunikationsmedium. In Wien dauerte es durchschnittlich zwei Stunden bis sie einen Empfänger erreichte. Die Zustellung von Postkarten erfolgte unter der Woche sieben Mal pro Tag. So schnell war man in Frörup natürlich nicht, aber Postkarten hatte man auch schon. Der Kaufmann Ludwig Thomsen hatte von seinem Geschäft Postkarten drucken lassen. Siehe Foto.
Die Postkarte zeigt sein Geschäft, heute Bäckerberg 6 und dahinter die Bäckerei, heute Bäckerberg 8. Da am Bäckerberg einige gut gehende Betriebe angesiedelt waren, wurde der Bäckerberg Anfang 1900 auch „Millionenstraße“ genannt.
-
150 Jahre Postkarte
Der Siegeszug der Postkarte begann 1869 in Österreich. Die österreichisch - ungarische Post führte
am 1. Oktober 1869 die Korrespondenzkarte ein. Sie war günstig im Porto, weniger förmlich als der Brief und schnell zugestellt. Die ersten Postkarten zeigten keine Motive. Auf einer Seite stand der Text, die andere Seite war der Adresse vorbehalten.
In Deutschland begann der Siegeszug der Postkarte erst 1870. Die Post in Deutschland hatte die Befürchtung, dass vertrauliche Nachrichten in falsche Hände geraten und man sorgte sich um die Verrohung der deutschen Sprache, denn auf Postkarten waren Höflichkeitsfloskeln wie im Brief überflüssig geworden.
20 Jahre später begannen Verlage Zeichnungen und Grafiken und dann Fotografien auf die Karten zu drucken. Die Texte schrieb man ums Foto herum, denn die andere Seite war ausschließlich für die Adresse vorgesehen.
1904 gab es eine bahnbrechende Neuerung. Der Teilungsstrich wurde eingeführt. Links stand der Text, rechts die Adresse. Die Rückseite wurde nun vollständig für Bilder genutzt. Die Ansichtskarte war geboren. Die häufigsten Motive waren berühmte Bauwerke, Städteansichten, Orte, Landschaften, bekannte Persönlichkeiten, Sehenswürdigkeiten usw. Jeder noch so kleine Ort druckte Postkarten. So auch unsere Gemeinden und Dörfer. Die Blütezeit der Ansichtskarte war zwischen 1897 und 1918. 1903 wurden in Deutschland 1,2 Milliarden Postkarten befördert.
Viele alte Ansichtskarten sind bis Heute erhalten und zeigen uns die Welt von damals. Anlässlich der 150 jährigen Geschichte der Postkarte wollen wir Ihnen dieses Jahr einige Ansichtskarten aus der Gemeinde Oeversee zeigen. Wenn Sie auch noch alte Ansichtskarten aus unserer Gemeinde haben und sie für die Nachwelt erhalten wollen, setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Wir können Ihre Ansichtskarten und Unterlagen auch kopieren oder scannen.
-
Die Abstimmung im Jahre 1920
Wenn man etwas über die Abstimmung, die hier bei uns am 14. März 1920 stattfand, berichten will, so sollte man wohl zuerst über die Hintergründe und die historischen Gegebenheiten reden. Dazu muss man ziemlich weit in die Vergangenheit gehen, mindestens bis zum Jahr 1459.
In diesem Jahr verstarb der kinderlose Herzog Adolf VIII, der bis dahin das Oberhaupt von Schleswig und Holstein war. Da er keine Erben hatte, suchte man seinerzeit nach einem Nachfolger. Unter mehreren legitimen Kandidaten tat sich der Dänenkönig Christian I hervor, der bereits Norwegen und Schweden beherrschte. Das Herzogtum Holstein war an die deutsche Verwandtschaft "ausgeliehen". Holstein war eine Grafschaft der Schauenburger. Diese verwalteten das nördliche Herzogtum als Lehen seit dem Jahr 1386. Um 1400 gelang es der Dänenkönigin Margarete I zwar, die dänische Lehnshoheit wieder zurück zu erlangen, sie musste allerdings doch die Besitzansprüche der holsteinischen Adeligen in Schleswig anerkennen.
Entscheidend für die weitere Entwicklung war ein Treffen des reichen Gutsadels in Ripen, zu dem König Christian I einlud. Sein Gedanke war es, das gesamte Gebiet ins nordische Reich zu holen. Ergebnis des Treffen war der wichtige Vertrag von Ripen, in dem der Adel dem König allerdings große Zugeständnisse abforderte. Der Vertrag wurde am 5. März 1460 vom König und 17 Räten gesiegelt. Er enthielt den für die Zukunft von Schleswig-Holstein äußerst wichtigen Satz: "Dat se bliven ewich tosamende ungedeelt". Schleswig-Holstein durfte also nicht mehr geteilt werden. Dass man sich daran nicht, bzw. nicht ganz gehalten hat, hat sich aus verschiedenen historischen Ereignissen ergeben, auf die noch eingegangen wird.
Es war nach diesem Vertrag auch nicht lange ruhig, denn schon im April 1460 forderten die Großgrundbesitzer dem König weitere Zugeständnisse ab und 30 Jahre später gab es die ersten Vertragsbrüche. Dann war es aber doch längere Zeit ruhig.
Ursache für erneute Verwicklungen war dann der Wiener Kongress im Jahre 1815. Im Gegensatz zu Holstein gehörte Schleswig nicht zum Deutschen Bund. Der dänische König gehörte aber als Souverän der Herzogtümer Holstein und Lauenburg dem Deutschen Bund an. Der Deutsche Bund, das waren hauptsächlich das Kaiserreich Österreich und die Königreiche Preußen, Bayern, Württemberg, Sachsen und Hannover, außerdem ein Kurfürstentum, Großherzogtümer, Herzogtümer, Fürstentümer und freie Städte. In den Staaten des Deutschen Bundes wuchs allmählich eine liberale und nationale Bewegung heran, an deren Entstehung auch die ab 1815 entstandenen studentischen Burschenschaften großen Anteil hatten. Der Wunsch nach mehr Demokratisierung führte letztlich zum Schleswig-Holsteinischen Krieg, denn auch ein Versuch des Dänenkönigs Friedrich VII, der nach dem Tod von Christian VIII 1848 König wurde, einen Kompromiss zwischen dänischen und schleswig-holsteinischen Interessen zu finden, war erfolglos.
In Paris brach die Februarrevolution 1848 und in vielen deutschen Staaten die Märzrevolution aus. Am 18. März 1848 beschlossen Vertreter der Ständeversammlungen in Schleswig und Holstein eine Abordnung zum König Friedrich VII zu schicken. Es sollte erreicht werden, das Herzogtum Schleswig in den Deutschen Bund einzugliedern. Das wurde in Kopenhagen verbreitet als Aufruhr angesehen. In Kiel hingegen verbreitete sich das Gerücht, dass der Dänenkönig handlungsunfähig sei. Daraufhin gründeten schleswig-holsteinisch gesinnte Prominente eine provisorische Regierung, die die Vereinigung von Schleswig und Holstein anstrebte, ohne allerdings die Personalunion zum Königreich Dänemark aufzuheben.
Im Mai 1848 wurden die Soldaten der provisorischen Regierung durch preußische Truppen unterstützt und man drang in Dänemark ein. Dieser 1. Dänisch-Deutsche Krieg endete mit der Niederlage Schleswigs. Der Krieg wurde durch Einfluss von Frankreich, Großbritannien und Russland vorläufig durch den Waffenstillstand von Malmö beendet. Er flammte jedoch schon 1849 wieder auf. Endgültig beendet wurde dieser Krieg am 10. Juli 1850 durch den Frieden von Berlin. Es wurde vereinbart, dass Schleswig im Gegensatz zu Holstein von einer gemeinsamen Regierung aus dänischen, preußischen und britischen Vertretern verwaltet wurde. Das Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852 garantierte den Fortbestand der dänischen Herrschaft über beide Herzogtümer. Das Herzogtum Schleswig sollte allerdings nicht stärker an Dänemark gebunden werden als Holstein und Lauenburg.
Im November 1863 bezog die Dänische Verfassung das Herzogtum Schleswig allerdings in den dänischen Kernstaat mit ein, was absolut vertragswidrig war. Das forderte den Protest der holsteinische Stände heraus, die ihrerseits die Abspaltung Schleswigs und Holsteins von Dänemark erwirken wollten. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck erreichte, dass Österreich in die Exekutive des Deutschen Bundes einbezogen wurde. Die Bundestruppen besetzten danach Holstein und Lauenburg. Im Januar 1864 wurde Dänemark ein 48-Stunden-Ultimatum gestellt, das Herzogtum Schleswig zu räumen. Diese Frist ließ Dänemark verstreichen und die Truppen von Preußen und Österreich überschritten daraufhin am 1. Februar 1864 die Eider und eröffneten damit den 2. Dänisch-Deutschen Krieg. Es kam zu schweren Gefechten, unter anderem hier bei uns in Oeversee am 5. Februar 1864. Die entscheidende Schlacht wurde am 18. April 1864 auf den Höhen von Düppel vor den Toren von Sonderburg geschlagen.
Im Vertrag von Gastein vom 14. August 1865 erhielt Preußen das Herzogtum Schleswig, während Holstein an Österreich fiel. 1866 besetzten die Preußen allerdings Holstein und bildeten 1867 die preußische Provinz Schleswig-Holstein aus den Herzogtümern Holstein, Lauenburg und Schleswig. Preußen verpflichtete sich, innerhalb von 6 Jahren ein Referendum zur Staatsangehörigkeit durchzuführen, kam dieser Verpflichtung allerdings nicht nach. Erst im Jahre 1907 wurde die Grenzziehung von 1864 anerkannt.
Nach dem 1. Weltkrieg, den Deutschland bekanntlich verlor - an dem Dänemark allerdings überhaupt nicht teilgenommen hatte - wurde im Versailler Vertrag unter anderem eine Volksabstimmung für die nördlichen Bereiche Schleswigs vorgesehen. Die Abstimmungszonen und -modalitäten wurden nach den Wünschen Dänemarks definiert. Die Abstimmung wurde 1920 unter Aufsicht einer internationalen Kommission durchgeführt.
Vorgesehen waren 3 Abstimmungszonen:
Zone I: bestehend aus den Landkreisen Hadersleben und der Stadt Hadersleben, Kreis Apenrade und Stadt Apenrade, Kreis Sonderburg und Stadt Sonderburg sowie Augustenburg, Kreis Tondern und Stadt Tondern sowie Hoyer und Lügumkloster. Außerdem der nördliche Teil des Kreises Flensburg.
Zone II: bestehend aus der Stadt Flensburg, den südlichen Teilen der Kreise Flensburg und Tondern sowie dem nördlichen Teil des Kreises Husum.
Zone III: war zunächst angedacht, wurde jedoch wenig später wieder fallengelassen.
In der Zone I wurde am 10. Februar 1920 abgestimmt. Das Gebiet ging an Dänemark, wobei allerdings erwähnt werden soll, dass die Bevölkerung der Städte Apenrade, Sonderburg und Tondern sowie des Ortes Hoyer für einen Verbleib bei Preußen stimmten. Dieser Bereich wurde am 15. Juni 1920 an Dänemark abgetreten. Damit verlor Flensburg einen großen Teil seines Hinterlandes.
In der Zone II, also hier bei uns, erfolgte die Abstimmung am 14. März 1920. Hier war das Ergebnis eindeutig, denn in allen Bereichen war der weitaus größere Teil der Bevölkerung für den Verbleib bei Preußen.
Abstimmungskommission für Schleswig war die CIS, Commission Internationale de Surveillance du Plébiscite Slesvig. Die CIS war ab 1919 aktiv und übte in dieser Zeit auch kommissarisch das Hoheitsrecht über Schleswig aus. Die Kommission bestand aus dem Briten Sir Charles Marling (Präsident), dem Franzosen Paul Claudel, dem Norweger Thomas Thomassen Heftye und dem Schweden Oscar von Sydow. Ein zusätzlicher Sitz stand den Vereinigten Staaten von Amerika zur Verfügung, wurde aber nicht besetzt. Als Generalsekretär der CIS fungierte der Brite Charles Brudenell-Bruce. Der deutsche Landrat vom Kreis Tondern Emilio Böhme war neben dem dänisch-gesinnten Redakteur Hans Peter Hanssen als Berater der Kommission zugeteilt. Diese Kommission bereitete die Abstimmung vor und beaufsichtigte sie. Die Kontrollkommission für die 2. Abstimmungszone, also für unser Gebiet, hatte ihren Sitz in Leck. Vorsitzender war Herr A. Petersen.
Auf die Gemeinden kamen ebenfalls große Aufgaben zu, mussten doch die Listen der Stimmberechtigten erstellt und die Anträge auf Eintragung in diese Listen beantragt werden. Diesen Antrag mussten Einwohner stellen, die nicht hier geboren wurden. Bei unseren Unterlagen befinden sich noch etliche solche Anträge, die von den Gemeindevorstehern Heinrich Schmalmack und Heinrich Petersen bestätigt wurden. In den Gemeinden wachten die Abstimmungsausschüsse über eine ordnungsgemäße Durchführung der Abstimmung.
Die Ergebnisse der damaligen Abstimmung, entnommen aus der Heimatschrift Nr. 15 des Schleswig-Holsteinischen Bundes:
Stimmberechtigt waren alle Personen, die im Abstimmungsort geboren und älter als 20 Jahre waren. Wenn sie am Wahltag außerhalb wohnten, durften sie in ihrem Geburtsort an der Wahl teilnehmen.
Ort
Stimmberechtigte
für Preußen
für Dänemark
Barderup
137
119
13
Frörup
222
199
11
Juhlschau
51
43
3
Munkwolstrup
159
118
31
Oeversee
202
152
31
Etliche Mitbürger beiderseits der neuen Grenze konnten oder wollten das Ergebnis der Abstimmung nicht akzeptieren. Sie zogen also in das Land, das ihrer Gesinnung entsprach. Für Leute, die keine Dänen werden wollten, können wir einige Beispiele aus dem Raum Frörup benennen. Die Familien Hans A. Hansen, Hoeck (Schumacher, F.-Westerfeld), Biehl und Röper/Fuchs stammen aus Nordschleswig. Genau so wird es in anderen Gemeindeteilen sein. Auch umgekehrte Fälle hat es gegeben; hier können wir allerdings keine Beispiele nennen.
Als Kriegsfolgen gab es einige Veränderungen für die Bevölkerung. So wurde hier bei uns nach dem Sieg der Dänen nach dem 1. Deutsch-Dänischen Krieg die Dänische Sprache als Amtssprache eingeführt, was zu erheblichen Schwierigkeiten führte. In unserem Archiv befindet sich noch ein Dokument des "Fattigkollegiet" (Armenausschuss) in dänischer Sprache.
1920 war dann auch das Geburtsjahr der jeweiligen Minderheiten.
Hier bei uns in der zweiten Zone wurde der 14. März zum Gedenktag erhoben, der jährlich festlich begangen wurde. In Barderup wurde dieser Tag bis zum 2. Weltkrieg im Dorfkrug unter großer Beteiligung gefeiert. Die Kinder hatten in der Schule eine Gedenkfeier und anschließend schulfrei.In Oeversee fasste der Gemeinderat am 13. Januar 1920 folgenden Beschluss:
Für die bevorstehende Volksabstimmung am Sonntag, den 14. März 1920, gedenkt die Gemeinde aus Anlass der von auswärts kommenden Abstimmungsberechtigten ein Heimatfest zu veranstalten. Und zwar soll dieses Fest abends um 8 Uhr, somit nach der Abstimmung, möglichst alle Abstimmungsberechtigten vereinen zum gemeinschaftlichen Kaffeetisch. Dem Gastwirt werden für die Bewirtung mit Kaffee 1,50 Mark a Person aus der Gemeindekasse bewilligt, unter Aufhebung des Beschlusses der Vertretung vom 29. Oktober 1919, wonach zweihundert Mark als Beitrag der Gemeinde zu den Kosten der Volksabstimmung bewilligt waren. -
Das Ersuchen der Witwe Maria Andresen
Vor nunmehr 100 Jahren tobte der Erste Weltkrieg und überzog Europa mit unvorstellbarer Verwüstung und schrecklichem Leid. In den Medien wird in unseren Tagen viel über dieses düstere Kapitel der Geschichte berichtet.
Auch abseits des direkten Kriegsgeschehens kämpfte die Zivilbevölkerung mit den schwerwiegenden Folgen und Entbehrungen dieser Katastrophe, besonders auch auf dem Lande. Väter, Männer und Söhne waren an der Front. Die Frauen waren mit ihren Kindern auf sich gestellt und konnten die Arbeit auf einem Bauernhof oft nicht allein bewältigen, so dass die Familien in ihrer Existenz bedroht waren.
Das Ersuchen einer Bäuerin, einen ihrer Söhne vom Kriegsdienst freizustellen - das von Peter Petersen, Malermeister aus Frörup und Vorstand des Armenverbandes in Oeversee aufgesetzt wurde - liegt der Chronikgruppe Oeversee im Original vor. Mit der Veröffentlichung dieses Briefes wollen wir an die Auswirkungen des Krieges für die Landbevölkerung in unserer Heimat erinnern.
Ersuchen der Witwe Maria Andresen, Großsoltwesterholz, ihren Sohn John Friedrich vorläufig vom Militärdienst zu entbinden oder Lorenz Christian vom Militär zu entlassen.
"Ich, unterzeichnende Witwe Maria Andresen, bin durch den Tod meines Mannes am 23. April d. J. veranlasst worden zu nachstehendem Ersuchen, um dessen Gewähr ich ganz ergebenst bitten möchte.
Mein ältester Sohn Lorenz Christian, geb. den 18. Juni 1892, dient seit Herbst d. J. beim 4. Schwadron Dragoner Regm. No. 13 in Metz. Der nächstälteste Johannes-Friedrich, geb. den 14. Mai 1894, der eine Stellung als Eisenbahnarbeiter hatte, aber durch den Tod seines Vaters diese aufgeben musste, um die Landwirtschaftung meiner 21 ha großen Landstelle zu übernehmen, ist im März d. J. zur leichten Kavallerie ausgehoben worden. Der dritte Sohn, der Ostern konfirmiert, ist in die Schlosserlehre getreten. Fünf kleinere Kinder, das jüngste erst den 7. März d. J. geboren, sind noch zu Hause.
Diese meine Haushaltung nehmen meine Zeit und Kraft vollständig in Anspruch, so dass ich mich um die äußere Wirtschaft nicht viel kümmern kann. Wenn wir auch stets fremde Hülfe erhalten und noch haben, so fehlt mir doch die sichere Leitung, und die hätte ich nur in meinen vorgenannten Söhnen. Ich wüsste mir nicht zu helfen, wenn mir diese beiden durch das Militär entzogen würden.
Ich bitte daher ganz gehorsamst meinen Sohn Johannes-Friedrich vorläufig vom Militär entbinden zu wollen, oder wenn möglich, Lorenz-Christian vom Militär zu entlassen".
An welche Institution der Brief geschrieben wurde und ob es je eine Antwort darauf gab, und wenn ja, mit welchem Erfolg, ist nicht bekannt. Auch über das weitere Schicksal der Witwe Maria Andresen, ihrer Kinder und ihrer „Landwirtschaftung“ haben wir keine Erkenntnisse.
-
Als die Kühe noch durchs Dorf liefen
Beim ersten Hahnenschrei aufstehen und so lange schuften bis die Sonne untergeht. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein bedeutet das Leben auf dem Land vor allem harte körperliche Arbeit. Die Abhängigkeit von Wetter und der Fruchtbarkeit der Böden erschwert den Anbau. Schneefall im Frühling, Dauerregen während der Erntezeit oder Trockenheit und große Hitze, wie in diesem Sommer, konnten die Bauern einer gesamten Region an den Rand der Existenz bringen.
Ein Bericht von Kurt Christophersen in der Oeverseer Chronik beschreibt wie es um 1800 um die Landwirtschaft in Frörup bestellt war:
Die Gemarkung um 1800 bot ein wesentlich anderes Bild als heute, Ackerland war nur wenig vorhanden. Halb kultiviertes Weideland, öde Heideflächen und Moore nahmen den Hauptteil des Feldes ein. Auch der Wald war damals noch bedeutend größer als heute. Die Landwirtschaft befand sich in einem kümmerlichen Zustand. Die Zahl der Siedler war beschränkt. Man vertraute der Urkraft des Bodens. Die von den Bauern selbstgefertigten Werkzeuge waren einfach. Der Flurzwang verlangte die gemeinschaftliche Bearbeitung. Als Ackerland galt nur das in der Nähe der Ortschaft liegende Land, die Toft. Das Ackerland wurde von Weide- und Ödland unmittelbar begrenzt. Die ganze Gemarkung war der gemeinschaftlichen Nutzung unterworfen. Am Rande des eigentlichen Weidelandes graste das Vieh, gehütet von einem Dorfhirten.
Die Bauern lebten unter sehr ärmlichen Verhältnissen. Die weiten Heidebezirke waren nicht zu gebrauchen, das Moor nur teilweise zum Torfstich. Handwerker gab es in Frörup keine. Die Bauern stellten alles selbst her. Ihr Leben war Arbeit und nochmals Arbeit. Maschinelle Hilfsmittel gab es nicht.
Fast alle Tätigkeiten auf den Bauernhof, wie Mähen, Dreschen und Melken, wurden von Hand erledigt. Neben dem Bauern und seiner Familie sind Pferde lange Zeit wichtige Helfer bei der Arbeit.
Nach der Verkoppelung, die bis dahin gemeinschaftlich bewirtschaftes Land in Privateigentum wandelte, änderte sich seit Beginn des 19. Jahrhunderts das Wirtschaften auf dem Land. Um die Erträge zu steigern wurde die Landwirtschaft intensiviert.
Durch den Einsatz von organischen Dünger wie Jauche und Mist oder durch mineralischen Dünger wie Stickstoff konnten die Bauern ihre Felder nun jedes Jahr bestellen und die Erträge deutlich erhöhen.
Einen entscheidenden Anteil an der wirtschaftlichen Aufwärtsbewegung hatte die fortschreitende technische Entwicklung, die sich durch Einsatz verbesserter Ackergeräte und vor allem durch neue landwirtschaftliche Maschinen bemerkbar machte. Diese ermöglichten nicht nur eine intensivere Bearbeitung des Bodens, sondern auch eine bessere Ausnutzung der Zeit und der hier auf der mittelschleswigschen Geest an Zahl geringen Arbeitskräfte.
Bei der Betrachtung des ungeheuren Aufschwungs der mittelschleswigschen Geesthöfe darf nicht zuletzt der Menschen gedacht werden, die erst durch unermüdliche Arbeit und Fleiß diesen Fortschritt ermöglichten. Bauersfrau und Kinder müssen neben dem Bauern tüchtig anpacken und den größten Teil der Arbeit selbst verrichten, um dem Boden den größtmöglichen Ertrag abzuringen.
Karl-Heinz Clermont beschreibt in der Chronik seine Kindheit auf dem Bauernhof seines Vaters:
…..Dazu kam, dass ich vom 10ten Jahr an kein Kind mehr war, sondern der unbezahlte Knecht im Haus, der im Sommer um 5 Uhr raus musste zum Kühe melken, möglichst noch Pferde füttern und ausmisten, dann Umziehen, Kaffee trinken und um 7 Uhr in der 3 km entfernten Schule sein! Bis um 2 Uhr dann nach Hause jagen, Mittag essen, Umziehen, Pferde anspannen und bis 7 Uhr auf dem Felde ackern,dann nach Hause Pferde füttern, Abendbrot essen, waschen und nach halb 9 Schularbeiten machen! Man braucht kein großer Mathematiker zu sein, wie wohl die folgenden Zensuren ausfielen.
Die heutige Landwirtschaft ist kaum noch vergleichbar mit der Landarbeit früherer Zeiten. Auf den Feldern ernten große Maschinen und im Stall ersetzt der Computer den Menschen. Wo früher mehrere Melker nötig waren, um die Kühe zweimal täglich von Hand zu melken, ersetzen Melkmaschinen die menschliche Arbeitskraft.
-
Bäckerei Tams Oeversee
Vielen älteren ist noch die Bäckerei Tams ein Begriff. Die Firma Tams wurde 1892 erstmals erwähnt.
Das Gebäude am Stapelholmer Weg 15 wurde um 1890 vom Bäckermeister Heinrich Thomas Tams gebaut. Heinrich Tams war gebürtiger Schleswiger und hat sich in Oeversee selbstständig gemacht. Er begann zunächst im Keller zu backen, später baute er das noch heute erkennbare Backhaus an.
1919 übernahm Sohn Peter Friedrich Tams die Bäckerei. Peter Tams verstab 1954.
Sein Schwiegersohn Erwin Wimmer, der das Bäckerhandwerk im Hause erlernt hatte, betrieb die Bäckerei bis 1961.
1961 pachtete der Bäckermeister Helmut Tode den Betrieb. Helmut Tode baute im Jahre 1968/69 eine neue Bäckerei in Frörup, heute Stapelholmer Weg 42. Im Hause Tams bestand bis 1971 eine Filiale von Bäckerei Tode.
-
Bäckerei Thomsen Frörup
Im Haus Bäckerberg Nr. 8 wurde von 1851 bis 1959 eine Bäckerei betrieben. Erster bekannter Eigentümer war der Kätner (Kleinbauer) und Graupenmüller Peter Christian Thomsen. Lange bevor die Bäckerei eröffnete, gab es in Frörup ein Gemeinschaftsbackhaus, in dem die Frauen des Dorfes Brot bzw. Kuchen gebacken haben. Die Ruine des Backhauses stand noch bis ca. 1968. Auf verschiedenen Bauernhöfen waren Backöfen vorhanden, mit denen für den eigenen Bedarf gebacken wurde.
Das Bäckerhandwerk entstand in Frörup wohl im Jahre 1851 als Peter Christian Thomsen seine Bäckerei gründete. Der Gedanke selbst war wohl älter, denn schon im Jahre 1840 verpachtete der Bohlsmann (Bauer) Jens Lund dem Bäcker Claus Thomsen, also dem Vater von Peter Christian, ein Stück Land, damit dieser ein Backhaus bauen konnte.
Das Haus Bäckerberg Nr. 10 wurde 1909 von Claus Thomsen als Backhaus errichtet. (Vorher stand das Backhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite, und gehörte zum Hof Lund). Zur Bäckerei gehörte auch eine Grützmühle und Landwirtschaft. Ein Pferd zog einen sogenannten Göpel, also eine Antriebsmaschine die die kreisenden Bewegungen des Pferdes mittels Übersetzung auf eine Transmission im Inneren der Mühle übertrug. Die Endprodukte waren Buchweizenmehl und Graupen oder Grütze. Ein Zeitzeuge erinnert sich: Reges Treiben herrschte zur Herbstzeit bei der alten Grützmühle. Die Bauern kamen aus 20 km Entfernung und lieferten ihren geernteten Buchweizen ab. Nach einigen Wochen konnten sie die fertige Grütze wieder abholen. Mit "1 PS und Peitschenzündung" wurde das alte, klapperige Geschütz angetrieben. Die Übertragung durch Klammräder und Hanfseile auf Mahl und Schüttelwerk funktionierte einwandfrei, es gab niemals Betriebsstörungen. Als der Buchweizenanbau immer geringer und zuletzt ganz eingestellt wurde, war auch das Schicksal der alten Grützmühle besiegelt. Hauptbetrieb war aber die Bäckerei.
Auch hier erinnert sich ein Zeitzeuge an seine Kindheit in der Backstube: Peter "Bäcker" hat uns das Rauchen beigebracht. Wir saßen in der Backstube unter dem langen Brottisch in voller Deckung und stopften unsere Pfeife mit Buchweizenkaff. Das war starker Tobak, aber er qualmte. Peter griente, wenn wir Tränen weinten. Die Bäckerei Thomsen hat ihren Betrieb aus gesundheitlichen Gründen am 31. Oktober 1959 eingestellt.
-
Saager's Geschäftshaus in Oeversee
1881 errichtete Claus Peter Saager am Marktplatz 6 in Oeversee einen Hökerladen. Er war der erste Kaufmann in Oeversee. Vorbesitzer des Hauses war sein Vater Thomas Saager, der 1821 in Oeversee geboren wurde. Das Baujahr des Hauses ist unbekannt.
Die Familie Saager betrieb eine Kohlenhandlung und einen Kolonialwarenladen. Von der Schule, die auf der anderen Seite des Marktplatzes lag, lief man rüber und holte Griffel, Hefte und vieles mehr.
1946 wurde aus dem Laden die Gemüseverteilerstelle von Henning Petersen.
1949 eröffnete hier ein Frisörgeschäft, das bis 1983 betrieben wurde.
Heute ist es ein Wohnhaus mit einem Büro für Energetische Beratung.
-
Fröruper Schmiede
Wo heute die Gäste der Gaststätte Salz & Pfeffer in Frörup parken, stand einst das Gebäude Stapelholmer Weg 48, die Fröruper Schmiede.
Gebaut hat das Gebäude der Schmied Friedrich, Wilhelm Petersen 1901. Er betrieb hier eine Schmiede und Landwirtschaft. Später wurde die Schmiede verpachtet.
Aus Volkszähllisten und anderen Unterlagen geht hervor, wie sich die Berufe und Tätigkeiten hier bei uns entwickelten. Der Beruf Schmied taucht in den Listen immer wieder auf, sodass man davon ausgehen kann, dass es schon früher Schmiede in Frörup und Oeversee gab.
1986 und 1991 erwarb die Besitzerin des Gasthauses Frörup die Schmiede mit Grundstück. Die Gebäude wurden abgerissen, der Parkplatz und das 2. Gästehaus gebaut.
2007 eröffneten die neuen Besitzer unter den Namen "Saltz & Pfeffer" die Gastwirtschaft mit den dazugehörigen Bettenhäusern.
-
Bier aus Frörup
In der Oeverseer Chronik erinnert sich Fedder Thomsen aus Wedel an seinen Großvater Peter „Bruer“.
Der in Frörup nur unter dem Namen Peter „Bruer“ bekannte Peter Andersen betrieb mit seiner Frau neben der Brauerei auch ein Fuhrbetrieb. Peter „Bruer“ stammte aus einer Bierbrauerfamilie. Die Bierbrauerei machte nur einen Teil des Geschäftes aus, denn neben dem Braunbier aus eigener Herstellung wurden auch andere Biersorten von fremden Brauereien vertrieben. Der Vertrieb des Bieres zu den Gaststätten und anderen Abnehmern erfolgte natürlich mit Pferd und Wagen. Die Pferde von Peter „Bruer“ mussten häufig den Rückweg von den Auslieferungstouren allein finden, da die Kutscher aus nahe liegenden Gründen dazu nicht mehr in der Lage waren. Mit der eigenen Bierbrauerei war es im Jahre 1917 vorbei. Als dem Kaiserreich die Rohstoffe ausgingen, wurden die aus Buntmetall bestehenden Geräte konfisziert und zu Kriegsgerät verarbeitet.
Bier wurde aber schon lange vor Peter „Bruer“ in unserer Gegend gebraut. Bier ist eines der ältesten alkoholischen Getränke. Bei Ausgrabungen im Kirchspiel Folby (Ostjütland) wurden Bierrückstände aus den 3. Jahrtausend v. Ch. nachgewiesen. Bier war in vielen Gegenden das wichtigste Volksgetränk.
Der hohe Bierkonsum im Mittelalter und in der frühen Neuzeit war für den städtischen Fiskus und den Steuerbehörden von großem Interesse. Im Spätmittelalter wurden fast überall Produktions- und Verkaufsteuern auf Bier erhoben. Das Brauen und der Verkauf des Bieres war an bestimmte Privilegien gebunden. In der Chronik des Historischen Kruges in Oeversee sind z.B. einige aufgelistet:
Bedeutsam war das Privileg von König Erik von 1422, wonach man in den Krügen an Heer und Handelswegen Bier, Essen und Pferdefutter kaufen konnte. Und zwar nur dort und nur von Reisenden.
Der Kirchspielkrug von Oeversee wurde erstmalig 1519 urkundlich erwähnt. Zwei Jahre später, 1521, unter König Christian I. ,waren die Kröger verpflichtet, ihren Gästen zu jeder Mahlzeit drei Gerichte zu reichen, dazu - umsonst – Bier.
1624 erhielt der Kirchspielkrug zu Oeversee das königlich Privileg und die Posthalterei. Postboten machten dort Station. Als Gegenleistung brauchte der Kröger die Einquartierung von Soldaten nur in Begleitung des Königs zu dulden. Außerdem durfte er steuerfrei Brot backen, Bier brauen, Schnaps brennen und außer Haus verkaufen.
Im 16. Jahrhundert wurde in vielen Teilen des Deutschen Reiches das Biergeld zu einer der wichtigsten Steuerquellen.
-
Das Hebammenhaus
An der Stelle der heutigen Physiotherapie Praxis von Silke Lorenzen am Marktplatz in Oeversee, stand früher ein Haus, in dem die Familie Heikendorf wohnte. Heinrich Heikendorf war Schneider und seine Frau Luise war die erste Hebamme in Oeversee. Im Volksmund hieß dieses Haus daher „Hebammenhaus“. Das Haus wurde ca. 1880 erbaut. Ab 1888 lebte die Familie Heikendorf in diesem Gebäude. Wegen des angrenzenden Marktplatzes hatte das Haus eine Schankerlaubnis. Zwischen 1909 und 1935 wurde hier der Magerviehmarkt abgehalten und für diesen Markttag hatte Heinrich Heikendorf die Ausschankkonzession erworben.
Man erzählt sich, dass es hier oftmals hoch her ging, so soll auf dem Höhepunkt der Stimmung Heinrich unter den Tisch gekrabbelt sein und den Gästen ins Bein gebissen haben. Vermutlich wollte er damit erreichen, dass seine Gäste endlich nach Hause gehen.
Nach dem Tod der Heikendorfs kaufte die Gemeinde das Haus. Zu Beginn des Nationalsozialismus wurde das Gebäude als Heim für die Hitlerjugend genutzt.
Später ging es in den Besitz des Schulverbandes über, denn an dieser Stelle sollte ein Anbau für die Schule entstehen. Da diese Pläne sich zerschlugen, wurde es wieder verkauft.
Nach dem Abriss 1990 errichtete die Nord-Ostsee Sparkasse einen Neubau. 2007 gab die Sparkasse ihre Zweigstelle auf und die Physiotherapie zog ein.
-
Die Spinnstube in Barderup
Heute gibt es Mode für jeden Anlass und für jeden Typ. T-Shirts, Kleider, Pullover, Hosen usw. Entworfen wird sie in Paris, Rom, Wien, Berlin oder Tokio. Hergestellt werden die Bekleidungsstücke in China, Pakistan oder Vietnam.
Unsere Vorfahren trugen früher Mode aus Oeversee, Barderup, Frörup, Munkwolstrup oder Tarp und sie wurde zum Teil selbst hergestellt.
In den Chroniken der Gemeinden Munkwolstrup und Barderup beschreibt Jens Thaysen 1954 über die Herstellung der Bekleidung auf den Bauernhöfen vor 1886:
„Die Kleidung der Bauern sowie der Arbeiter und der Dienstboten war sehr einfach und zum größten Teil selbst verfertigt, d.h. das Nähen der Männer- und Frauenkleider besorgten Schneider bzw. Schneiderinnen in den Wohnstuben des Arbeitgebers. Die Wolle, die die gehaltenen Schafe lieferten, wurden für Kleidung und Strümpfe benutzt. Flachs und Leinen wurden selbst angebaut und verarbeitet, d.h. gesponnen und gewebt. Der Flachs (Lein) wurde im Backofen getrocknet und dann auf einem dazu gehörigen Gestell gebrochen, später mit einer Schwingmaschine von dem restlichen Schäf befreit und zuletzt, ehe er auf den Spinnrocken kam, gehechelt. ( Die Hechel ist ein kammartiges Gerät, durch das Naturfasern wie Flachs zum Reinigen gezogen werden. Der Spinnrocken ist ein meist stabförmiges Gerät, an dem beim Spinnen die noch unversponnenen Fasern befestigt werden).
Wolle spinnen, heißt Wolle zu Garn verarbeiten. Die gewaschene Wolle wurde zunächst mit einem Gerät das man Wollkratzer nannte, bearbeitet. Zwischen zwei Wollkratzern, ähnlich einer großen Stahlbürste, wurde die Wolle locker gerieben. Das Spinnrad war wohl das wichtigste Gerät bei der ganzen Wollverarbeitung. Der saubere gleichmäßige Faden war wichtig für die weitere Qualität. Es folgt dann als weitere Verarbeitung zu Tuchstoffen oder Bekleidungsstücken. Die Arbeitszeit für die Mädchen war lang. Auch im Winter wurde morgens um 5 Uhr aufgestanden und ohne Mittagspause durchgearbeitet. Die gewöhnliche Arbeit war spinnen und weben, und an Sonnabendabend und Sonntag hatten sie frei.“
Die so mühsam hergestellte Bekleidung wurde gehegt und gepflegt, beschädigte Kleidung wurde geflickt und wieder zusammengenäht.
Heute wandern die Klamotten nach kurzer Zeit in den Altkleidercontainer und der Paketbote bringt, die im Internet bestellte, neueste Mode aus der ganzen Welt ins Haus.
Das Foto zeigt eine Postkarte von 1912. Die „Dorfschönen“ sind von links nach rechts: Anna Andresen, Thyra Studt, Elise Henningsen, Anne-Sophie Neuwerk, Lene Sievers, Anna Harbs und Christine Petersen.
-
Das Strohdackhuus
Das Fachwerkhaus an der Brücke oder „Dat Strohdackhuus“.
Das Fachwerkhaus wurde 1840 vom Tischler und Baumeister Peter Iwersen für den Gastwirt und Bauern Peter Henningsen aus Barderup als Abnahme zur Bodenstelle 2 gebaut. Das Fachwerkhaus war ehemals mit Stroh gedeckt. Am 29.12.1972 brannte das Strohdach ab und es wurde mit Eternitplatten eingedeckt. So steht es noch Heute am Stapelholmer Weg 22.
Dierk Gerhard Puls hat ein kleines Gedicht über das Haus geschrieben „Dat Strohdackhuus“. Er war der Sohn von Dirk Paul Puls, der von 1914 bis 1926 Pastor in Oeversee war. Dierk Puls hat viele Geschichten und kleine Gedichte veröffentlicht. Sein Gedicht „Dat Strohdackhuus“ ist der Chronik der Gemeinde Oeversee entnommen.
Dat Strohdackhuus
Min ole, lütte Strohdackhuus,
Wat büst du still un warm.
Wiet liggt de Welt mit ehr Gebrus,
Nimmst Du mi in dien Arm.
De ringe Köök, de lütte Stuv,
En beeten Veh up Stall,
Up`t Dack maruut en witte Duuv,
Is so gemütlich all.
Sünd leewe Minschen, de dor wahn`n
In lütte Strohdackhüüs.
Mutt`s mal mit to Besök henkam`n;
Denn warrst du dat wull wies.
-
Mit Pferd und Wagen von Frörup nach Flensburg
Arbeitspferde waren für die Industrialisierung im 19. Jh. von besonderer Bedeutung.
Gewerbsmäßige Fuhrleute, Fabrikanten, Handwerker, Landwirte, Bäcker, Metzger, Milch- und Lebensmittelhändler, bedienten sich zum Warentransport des Pferdewagens.
In der Oeverseer Chronik erinnert sich Fedder Thomsen an eine Mitfahrt, von Frörup nach Flensburg, mit seinem Großvater. Er war Bierbrauer und hatte ein Fuhrunternehmen. Jahrelang betrieb er einen regelmäßigen Stückgutverkehr zwischen Frörup und Flensburg mit Pferd und Rollwagen:
In aller Herrgottsfrühe ging es los, denn für die paar Kilometer von Frörup nach Flensburg und zurück war der Tag gerade lang genug. Großvaters Stückgutskunden waren alle möglichen, am Weg liegende Geschäfte. In Frörup zählte dazu der Bäcker, nur Peter „Bäcker“ genannt. Dazu kam das Kaufhaus von Ludwig Thomsen gleich nebenan. Hier gab es Textilien, Kurzwaren, Produkte für Handwerk und Landwirtschaft, sowie Kohlen. Dann ging es aus dem Dorf heraus an Frörupkrug und dem Pastorat vorbei nach Oeversee hinein.
In Oeversee fuhren wir den Bäcker an, den Maler, zwei Höker, den Kirchkrug und den glasäugigen Schmied. Jetzt ging es weiter auf der Hauptchaussee, deren Fahrbahn aus Pflastersteinen bestand. In Bilschau fuhren wir die Meierei und die Gastwirtschaft an, bevor es vorbei am „Krug zum grünen Kranze“ durch Jarplund hindurch in die Stadt hinein ging.
Landwirtschaftsschule und die Gaststätte „St. Pauli“ wurden passiert. Über die Bahnhofsbrücke ging es den Schleswiger Berg hinab in die Rote Straße. Unser Ziel war „Stahnkes Gasthof“. Hinter einer Durchfahrt lag der Hof mit Stallungen für die Pferde und Lagerräumen. Nun konnte „Max“ sich erst einmal erholen. Die Kutscher gingen in die Wirtschaft und verzehrten die mitgebrachte Wegzehrung.
In den Ausspann lieferten die Firmen das Stückgut an, das auf der Rückfahrt mitgenommen werden sollte. Einige Kunden wurden noch in der Stadt angefahren, bevor es zurück ging.
Die Rückfahrt stellte das Pferd vor besondere Anforderungen, musste es doch den schweren Wagen auf die westliche Höhe hinaufziehen. Wenn diese Klippe geschafft war, ging es gemächlich Schritt für Schritt wieder Heimwärts. Hier und da wurde nicht nur abgeladen, sondern auch zu einem kurzen Klönschnack reingeschaut.
Eine weitere Klippe gab es am Sankelmarker Berg zu meistern, aber auch die schaffte das brave Pferd.
Vom Kutschbock aus eröffnete sich mir der Blick auf die Kriegsdenkmäler, die an die Schlacht von 1864 mit ihren vielen Toten auf beiden Seiten erinnern. So lernte ich frühzeitig Schleswig-Holsteinische Geschichte und wusste, was es mit dem Marsch der Flensburger Kaufleute nach Oeversee am 6. Februar jeden Jahres auf sich hatte.
Am späten Nachmittag waren wir wieder zu Hause. Ein solch anstrengender Tag in der frischen Luft machte natürlich müde und bald nach dem Abendessen ging es ab in Omas Bett.
-
Die Hengststation von Bilschau
Auf der Postkarte von 1907 sehen wir den Krug in Bilschau und zwei Deckhengste von der Hengststation, die gegenüber des Kruges ihr zu Hause hatte.
Gegründet hatte die Hengststation der Kröger Bahr von Bilschau-Krug um 1900. Die Hengste dienten der Zucht von Arbeitspferden.
Die Pferde wurden auf den Höfen selbst gezogen. Die Deckhengste auf den staatlichen oder zugelassenen privaten Deckstationen waren gekört, d.h. als Zuchttiere anerkannt .
Zu den Aufgaben der Arbeitspferde zählte der Einsatz in der Landwirtschaft, zum Ziehen von Geräten zur Bodenbearbeitung und zum Transport. Pferde waren unentbehrlich im Nah- und Fernverkehr, in der Industrie und den städtischen Fuhrparks.
Die Pferde zogen auch mit in den Krieg. Im Ersten Weltkrieg starben sie massenhaft. Sie waren Verbrauchsmaterial wie Patronen oder Gewehre. Es gibt keine genauen Zahlen, aber man schätzt insgesamt 8 Millionen, davon allein 1,5 Millionen auf deutscher Seite.
Im Zweiten Weltkrieg arbeiteten rund 2,8 Millionen Pferde und Maultiere als Reit,- Zug- und Tragtiere allein im Dienste der deutschen Wehrmacht und leisteten Unglaubliches.
Nach dem Krieg nahm die Technisierung in der Landwirtschaft ihren Lauf. Die Arbeitspferde wurden von Beginn der 50er bis zum Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts weitestgehend durch Maschinen ersetzt.
Der letzte Hengst aus Bilschau wurde im Jahr 1952 von Heinz Lassen zum Schlachthof nach Flensburg gebracht.
-
Der Jägerkrug
Der Jägerkrug, Wanderuper Weg 30, wurde laut Chronik der Gemeinde Oeversee 1864 errichtet. Der erste Eigentümer war Nicolai Jordt. Er war Parzellist und Pferdehändler.
Im Jägerkrug trafen sich Jäger, und hier endeten viele Treibjagden. Das Land gehörte teilweise zur Kolonistenstelle „Bernstorfhof“. In der Folgezeit wechselten häufig die Besitzer und der Landbesitz wurde durch Zukauf erweitert. Der Jägerkrug war im Umland gut bekannt und hier feierten die Bewohner der umliegenden Dörfer ihre Feste und Bälle, auch das Ringreiterfest fand hier im Wechsel statt. Die Ringreiterfeste waren damals mit die größten Vergnügungen und Feste des Dorfes. Mitglied im Ringreiterverein Oeversee konnte nur werden, wer in Oeversee, Frörup oder Augaard wohnte. Das Ringreiten und das Ringreiterfest fanden meistens am 2. Pfingsttag statt. Die Wettkämpfe wurden auf der Koppel hinter dem Krug ausgetragen.
Wegen der geringen Zahl von Pferden, die durch Konfiszierung während der Kriegszeiten und durch die knappen Nachkriegsjahre arg geschrumpft waren, schloss man sich 1949 dem Gesangsverein an.
1971 kaufte der Schornsteinfeger Franz G. Mühlenbeck die Gaststätte Jägerkrug. Durch Umbau entstand ein Betrieb für Kaminbau und Großhandel für Spezialbaustoffe.
Seine Berufung aber waren die Pferde, so wurde im Laufe der Zeit aus den ehemaligen Schweine- und Kuhställen Pferdeställe für seine eigenen Zuchtstuten. Seine beiden Kinder sahen ebenfalls in den Pferden ihre Berufung.
1980 wurde eine Reithalle gebaut, die von vielen Pferdebesitzern gern angenommen wurde.
1982 gründete eine pferdebegeisterte Gruppe den Reitverein Pferdesportgemeinschaft Jägerkrug.
1996 vergrößerte man das Areal des Jägerkrugs mit den Kauf der Horstmann-Busgaragen.
Durch Brandstiftung vernichtete ein Feuer 1999 einen Pferdestall, die Wirtschaftsgebäude und das Wohnhaus der Mühlenbecks fast vollständig. Zum Glück fielen dem Feuer weder Mensch noch Tier zum Opfer.
Der Wiederaufbau des Wohngebäudes begann 2005. Bei der Planung des Hauses wurde das Aussehen des alten Jägerkruges vorrangig berücksichtigt.
Hier schließt sich der Kreis. Im Jägerkrug sind heute wie damals wieder Pferde zu Hause. Reiterfeste und Turniere finden hier regelmäßig statt. Bei Pferdesportlern ist der Jägerkrug im weiten Umland beliebt und bekannt, nur die Jäger sind auf der Strecke geblieben, aber der Name Jägerkrug lebt weiter.
-
Der Marktplatz in Oeversee
Der Marktplatz war schon immer der Mittelpunkt der Gemeinde Oeversee. Rund um den Marktplatz standen die Schule und einige Häuser; in der Nähe die Kirche, der Kirchkrug und etwas entfernter der „Historische Krug“. Der Marktplatz hatte einen vielseitigen Zweck. Nachweislich war hier von 1909 bis ca. 1935 in jedem Frühjahr Magerviehmarkt. Nachforschungen ergaben, dass der Viehmarkt erstmalig am 14. April 1909 stattgefunden hat.
Danach wurde der Markttag auf den 23. April, den St. Georgstag festgelegt. Am Vorabend des Marktages wurden im Dorf die Vorbereitungen getroffen. Pfähle und Querhölzer, die zwischenzeitlich auf dem Boden über der Durchfahrt des damaligen Kirchkruges aufbewahrt wurden, mussten wieder eingegraben und aufgebaut werden. Am frühen Morgen des Markttages kamen unsere Bauern und die aus den Nachbardörfern hierher, um Vieh zu verkaufen oder zu erwerben.
Gute Geschäfte, oder auch schlechte, mussten natürlich begossen werden. Einige Leute aus dem Dorf hatten extra für diese Markttage Schankkonzessionen erworben und es soll oftmals hoch her gegangen sein. Beim alten Bäcker Tams, der ja auch direkt an unserem Marktplatz wohnte und arbeitete, gab es an den Markttagen immer leckeren Honigkuchen. In der Jugendzeit unseren älteren Bürger kamen auch schon mal ein Kettenkarussel und einige Verkaufsbuden.
Die großen Kastanien, die noch heute am Marktplatz stehen, wurden im Jahre 1894 von den Schülern der oberen Klassen der Oeverseer Schule gepflanzt.
Nach dem Krieg machte hier auch ein kleiner Jahrmarkt mit Kettenkarussel oder ein Wanderzirkus halt. Sonst diente er als Spielplatz für die Kinder bis er für den Straßenbau deutlich verkleinert und parkähnlich angelegt wurde. Ältere Mitbürger erinnern sich, dass sie als Schüler der Mittel- und Oberklasse den Schulhof während der Pause verlassen durften, um auf den gegenüberliegenden Marktplatz z.B. Schlagball zu spielen.
-
Das Armenhaus
In fast jedem Dorf gab es früher ein Armenhaus, so auch in Oeversee. In den Armenhäusern lebten ältere Menschen, die nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen konnten, aber auch Bettler und Obdachlose. Sie hatten hier einen Wohnplatz und wurden versorgt.
Finanziert wurden die Armenhäuser von der Allgemeinheit des Dorfes. Oft gab es auch Zuwendungen von wohlhabenden Bauern oder der Kirche.
Seit 1805 gab es ein Armenhaus und Pflegeheim am Sankelmarker See. 1847 wurde ein Armenhaus am Kirchhof, heute „ Am Brautplatz“ in Oeversee, gebaut. Ab 1880 war der Eigentümer der Armenverband. In der Mitte des Hauses war die Wohnung des Besitzers oder Verwalters, an der Westseite der Teil, in dem die Armenunterkünfte waren. Weitere Unterkünfte waren auf der anderen Seite innen neben der Waschküche. Auf der Ostseite wohnte die Diakonissenschwester, welche die ganze Gemeinde von Jarplund bis Tarp betreute.
Zu dem Haus gehörte auch ein Stallgebäude. In diesem Gebäude war in früheren Jahren das „Gefängnis“ untergebracht, ein Raum mit einem vergitterten Fenster, wo der Gendarm Festgenommene bis zur Überführung in das Gefängnis nach Flensburg unterbrachte. In einem anderen Teil des Gebäudes war der Leichenwagen untergebracht.
Geheizt wurde überwiegend mit Torf. Bis 1903 wurde das Armenhaus u.a. von der Gemeinde Barderup mit Torf versorgt. 1885 wurden z.B. 6500 Stück Torf geliefert. Aus dem Protokollbuch vom November 1920 geht hervor, dass der Gastwirt Gonde Clausen verpflichtet war die Obdachlosen für 75 Pfennig pro Person zu beherbergen. Decken wurden von der Gemeinde gestellt.
1933 wurde aus dem Armenhaus ein „Pflegeheim“. 4 „Brüder der Landstraße“ fanden dort Obdach und Pflege. Sie halfen dem Hausherrn und Kirchendiener bei der Friedhofsarbeit. Die Ostwohnung diente als „Schwesternwohnung“ für die Gemeindeschwester.
1960 verkaufte die Gemeinde das Haus. An der Grundstücksgrenze standen Fichten. Danach folgten Weiden und Felder. Hier stehen heute die Häuser „Am Brautplatz“ und aus dem Armenhaus entstand ein modernes Reihenhaus.
-
Tischlerei Petersen - Windkraft auf dem Dach
Die Windenergie ist eine der ältesten von Menschen genutzte Energieform. Die ältesten Windmühlen sind aus Persien, Tibet und China bekannt. In Europa kennt man Windmühlen seit den 12. Jahrhundert.
Die Windmühlen wurden im Laufe der Zeit verbessert und außer zum Mahlen auch zum Dreschen, Wasserpumpen und zum Sägen sowie Hämmern oder Klopfen eingesetzt. Weitere Fortschritte und Anwendungsmöglichkeiten brachte das 19. Jahrhundert mit der beginnenden Elektrifizierung. Mit der kommerziellen Nutzung der elektrischen Energie 1882 begann die Elektrizität allmählich auch für die Bevölkerung ein wichtiges technisches Hilfsmittel zu werden.
Als Martin August Petersen 1902 die Tischlerei von seinem Vater übernahm, erweiterte er 1903 die Tischlerei durch einen Neubau der Werkstatt im Süderweg in Frörup. 1905 wurde das Wohnhaus gebaut. Er schaffte moderne Maschinen an, die von einem Windrad angetrieben wurden. Bis 1911 sorgte das Windrad für Energie, dann wurden die Maschinen durch einen Benzolmotor ersetzt. Nach dem Anschluss an das Elektrizitätswerk im Jahre 1922 wurden die Maschinen mit E-Motoren ausgestattet.
Bis zum ersten Weltkrieg arbeitete die Werkstatt als Bau- und Möbeltischlerei. Als Martin August und seine Gesellen im August 1914 zum Wehrdienst eingezogen wurden, musste der Betrieb zwangsläufig geschlossen werden. Die Werkstatt wurde ausgeräumt und als Schlafstelle für russische und italienische Kriegsgefangene, die in der Landwirtschaft des Dorfes arbeiteten, zur Verfügung gestellt. Anfang 1919 konnte Martin August Petersen die Arbeit wieder aufnehmen.
Wie allgemein üblich, war der Tischler oft auch der Bestatter eines Dorfes. So ist seit Generationen auch ein Bestattungsinstitut angeschlossen.
Die Tischlerei Petersen gibt es heute nicht mehr, sie war seit fünf Generationen in Familienbesitz. Das Bestattungsinstitut Petersen besteht aber immer noch in Oeversee.
-
Ein Brennabor - erstes Auto in Barderup
Brennabor
Die Brennabor – Werke waren Hersteller von Kinderwagen, Fahrrädern, Kraftwagen und Motorrädern mit Sitz in Brandenburg an der Havel.
Sie unterhielten ab 1903 einen eigenen Rennstall und erzielten weltweite Erfolge im Motorsport.
Der Mittelklassewagen Typ P wurde 1919 vorgestellt und 1921 begann die Großserienproduktion.
Bis Mitte der 1920er Jahre war Brennabor zum größten Automobilhersteller Deutschlands aufgestiegen.
Auf dem Bild sehen wir einen Brennabor Typ P8/24PS. 1923 das erste Automobil in Barderup.
Am Steuer sitzt Markus Karstens. Erster von links ist Friedrich Neuwerk. Die 5. von links ist Catharina Karstens, später verheiratete Hansen in Flensburg.
Das Foto zeigt welche Bedeutung ein Automobil in jener Zeit hatte, es war eine Belohnung für beruflichen Erfolg, den man mit Stolz gern zeigte.
Markus Karstens hatte nicht nur das erste Automobil, sondern auch das erste Telefon in Barderup.
Anfang der 1920er Jahre war seine Telefonnummer die 1.
-
Kirche Oeversee
Wenn unsere Kirche erzählen könnte.
Die Kirche in Oeversee hat schon viel erlebt. Sie hat den Dreißigjährigen Krieg, die Pest und Cholera, den Deutsch-Dänischen Krieg und zwei Weltkriege überstanden.
Die St. Georg-Kirche wurde im 12. Jahrhundert aus Feldsteinen gebaut. Mit ihrem massiven Rundturm mit Schießscharten war sie eine Wehrkirche und gehörte zu einem Befestigungssystem.
Die verkehrspolitische und militärische Bedeutung ergab sich aus ihrer Lage am Ochsenweg (Heerweg, Europastraße). Es war der einzige Verkehrsweg auf dem Lande zwischen Skandinavien und dem übrigen Europa. Von ihm zweigte bei Oeversee der Stapelholmer Weg ab, der am Nordufer der Treene nach Hollingstedt, dem Nordseehafen der Wikingerstadt Haithabu, weiter nach Tönning in der Eidermündung führte. Tönning war später der bedeutendste Englandhafen Jütlands.
Die Kirche war wohl von Anfang an dem Heiligen Georg geweiht, dem Schutzpatron der Reisenden.
Das ergab sich von selbst, da Oeversee Raststätte war an dem einzigen Weg für die Pilger aus Nordeuropa zu den berühmten Wallfahrtsorten Jerusalem, Rom und Santiago in Spanien.
Sie kamen hier alle vorbei, Fürsten, Soldaten, Kaufleute, Pilger, aber auch Diebe und Banditen. Die öffentliche Sicherheit war in alten Zeiten gering, Besonders wurde die friedliche Bevölkerung durch herumstreifenden Vagabunden belästigt. So klagte ein Pastor z.B. im Jahre 1762 darüber, dass an einem Tag 15 Bettler bei ihm gewesen seien. Wies man sie ab, dann musste man Diebstahl, Überfälle oder Brandstiftung befürchten.
Die Obrigkeit verhängte viele Strafen, Geldbrüche oder körperliche Strafen. Ehebruch, Mord und Raub wurden mit dem Tode bestraft, Hexerei und Brandstiftung mit Verbrennung, und einem Meineidigen wurden zwei oder drei Finger abgeschlagen. Besonders viel wurde das Halseisen angewandt. Es musste in jedem Dorfe ein solches vorhanden sein. Der Verbrecher wurde mit diesem Eisen um den Hals öffentlich auf dem Marktplatz oder des Sonntagmorgens an der Kirchentür aufgestellt.
Der Kirchhof wurde überhaupt sehr wenig als heiliger Platz angesehen, wo Frieden und Pietät herrschen sollten. In den Kirchdörfern, wo kein Marktplatz vorhanden war, wurden die Vieh- und Krammärkte einfach auf dem Kirchhof abgehalten. Wie oft mag das auch in Oeversee gewesen sein.
Hier wurde Jährlich am 23. April, dem Tag des Heiligen Georg, zu welchen man in katholischer Zeit gewallfahrtet war, ein großer Jahrmarkt abgehalten. Wenn der König von seinen Untertanen etwas wollte, wenn ein Bauer in Oeversee ein Schwein zum Kauf anbot, wenn in Frörupholz Bäume zu kaufen waren oder in Tarp eine Versteigerung stattfand, alles erfuhren die Leute am Sonntagmorgen, zum Teil durch den Pastor von der Kanzel, zum Teil lasen sie es an der Kirchentür.
Immer wenn Unheil drohte, suchten die Dorfbewohner Schutz hinter den dicken Mauern der alten Felsenkirche, so z.B. auch 1864 während des Anrücken der Österreicher. Ein Augenzeuge berichtete: „Solange noch kein Gewehr- und Geschützfeuer zu hören ist, sind viele Männer und vor allem die Jungs noch draußen, um von dem aufregenden Schauspiel möglich viel mitzubekommen. Erst als einige verirrte Kugeln gegen die Kirchenmauern klatschen, ziehen es die Beobachter doch vor, sich in Deckung zu begeben, können es aber doch nicht lassen, aus den Schießscharten des Turmes das Kampfgelände weiterhin im Auge zu behalten...“
-
Kirchhof Oeversee - Das Grab von Friedrich Wilhelm Lübke
Von Alters her haben Menschen ihren Toten eine besondere Ehre erwiesen. Zeugen aus den vergangenen Zeiten sind die Großstein- und die Urnengräber. In christlicher Zeit wurden dann sogenannte Kirchhöfe angelegt, auf denen die Beisetzungen der Toten stattfanden.
Den Namen Friedhof kennt man erst aus neuerer Zeit, da nun auch Begräbnisse auf kommunalem Gebiet stattfanden. Der Kirchhof in Oeversee ist vermutlich so alt wie die Kirche selbst. Auf unserem Kirchhof finden wir etliche Gedenk- und Grabsteine auf die wir hier besonders aufmerksam machen möchten.
Wir beginnen mit dem Grab des ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig Holstein, Friedrich Wilhelm Lübke.
Er wurde am 25. August 1887 in Enkhausen im Sauerland geboren. Lübke war der ältere Bruder des späteren Bundespräsidenten Heinrich Lübke.
1901 verließ er die Schule und heuerte als Schiffsjunge auf einem Segelschiff an. 1911 legte er sein Steuermannspatent ab und 1913 erwarb er das Kapitänspatent für große Fahrt.
Im 1. Weltkrieg diente Lübke bei der Kaiserlichen Marine. Er heiratete 1920 Sophie Rodenburg und beendete seine Karriere als Seemann. Aus der glücklichen Ehe gingen vier Kinder hervor.
1922 kaufte der junge Familienvater einen Hof in Augaard und wurde Landwirt. Da die Landwirtschaft aber nur schlecht die größer werdende Familie ernähren konnte, übernahm er noch die Stelle des Geschäftsführers des Schleswig Holsteinischen Bauernvereins. Zusätzlich schrieb er mehrere Jugendbücher mit Seefahrergeschichten.
Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde Lübke erneut zur Kriegsmarine einberufen. Im Juli 1945 kehrte er nach Augaard zurück.
Im Herbst 1945 gehörte Lübke mit Peter Jensen zu den Gründern der CDU im Kreis Flensburg. 1946 wurde er Landrat. Von 1946 bis 1950 war er Mitglied des Landtags. Lübke war außerdem Vorsitzender des Grenzvereins und unter seiner Leitung baute der Verein ab 1951 die Grenzakademie Sankelmark. 1951 wurde Lübke zum Ministerpräsident gewählt. Aufgrund einer schweren Krankheit trat er 1954 von seinem Amt zurück.
Am 16. Oktober 1954 starb Friedrich Wilhelm Lübke auf seinem Hof in Augaard. Entsprechend seinem Wunsch wurde er in der Grenzakademie in Sankelmark aufgebahrt und danach auf dem Kirchhof in Oeversee bestattet.
Er ist Namensgeber des Friedrich - Wilhelm – Lübke - Koog und für die Friedrich – Wilhelm – Lübke - Kaserne in Tarp, dem ehemaligen Standort des Marinefliegergeschwaders 2.
-
Kirchhof Oeversee - Das Grab von Dr. Behm
Auf unserem Rundgang auf dem Oeverseer Kirchhof stossen wir am Ende des Kirchhofs auf einen Findling. Er erinnert an den Erfinder des Echolots, Dr. Behm, der Lange Zeit in Tarp in der sogenannten Fischerhütte lebte, und hier auf unserem Kirchhof die letzte Ruhe fand.
Alexander Behm wurde am 11.11.1880 in Sternberg geboren. In Parchin und Hadersleben ging er zur Schule. Besonders in den naturkundlichen Fächern fiel er seinen Lehrern und Förderern auf, die ihn trotz schlechter Noten in den anderen Fächern, ein Studium an der Technichen Hochschule Karlsruhe ermöglichten.
Als am 14. April 1912 die Titanic versank, erschütterte dieses Unglück die ganze Welt.
Der junge Physiker und Ingenieur Behm nahm sich des Problems an. Behm wollte ein Gerät erfinden, das mittels Schallwellen Objekte im Wasser orten kann und so rechtzeitig vor Eisbergen warnt. Er zog von Wien nach Kiel und begann zielstrebig mit Unterwasserschall zu experimentieren. Für die Ortung von Eisbergen erwies sich das Verfahren als ungeeignet. Um die Tiefe des Wassers unter dem Schiff zu messen waren die Echowellen dagegen geeignet.
Sein erstes Echolot - Patent erhielt er am 22. Juli 1913. Behms Durchbruch gelang erst 1920, als er den Kurzzeitmesser erfand. Damit war er in der Lage kleinste Zeiteinheiten von einer Zehntausendstelsekunde zu messen. Sein Echolot wurde dadurch bordtauglich und war in der Lage, die für die Sicherheit der Schifffahrt besonders wichtigen geringen Meerestiefen zu messen. Er gründete die Behm-Echlot-Fabrik GmbH in Kiel.
Seine Lebensleistungen sind beeindruckend. Immer wieder fand Behm originelle und oft einfache techniche Lösungen. Hierzu gehören Höhenmessgeräte für Zeppeline, Tiefenmessgeräte für Binnenseen und Flüsse, Geräte für Messungen in Bergwerksstollen und zur Ortung von Fischschwärmen.
Zu Behms Leidenschaften gehörten das Jagen und das Fischen. 1927 bauten die Eheleute Behm in Tarp ihre Jagd- und Fischerhütte. Dort wohnten sie von 1945 an ständig. Das reetgedeckte achteckige Haus lag direkt an der Treene, für deren gesamten Flusslauf Behm die Fischereirechte erwarb. Die Fischerei wurde zu seiner Passion. Er entwickelte künstliche Köder und ließ sie sich patentieren. Die legendären „Behm-Fliegen“ und „Behm-Blinker“ werden noch heute nachgebastelt.
Am 22.1.1952 verstarb Alexander Behm und vier Jahre später folgte ihm seine Frau Johanna. Beide wurden auf unserem Kirchhof in Oeversee beerdigt.
Für sein Werk wurde Behm bereits zu Lebzeiten geehrt. Mit dem Zeppelin-Luftlot gewann er 1924 den internationalen Wettbewerb der Königlichen Niederländischen Gesellschaft für Luftschifffahrt.
1927 erhielt er die traditionsreiche „große goldene Plakette“ der französischen Vereinigung für die Sicherheit der Luftfahrt.
1928 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
1930 ernannte ihn seine Geburtsstadt Sternberg zum Ehrenbürger.
Die Behmbank in der Antarktis trägt seinen Namen.
2008 erhielt die Grund und Gemeinschaftsschule in Tarp seinen Namen. In Tarp gibt es den Dr. Behm-Ring und in Bremen gibt es die Alexander-Behm-Straße.
-
Kirchhof Oeversee - das "Belgier Denkmal"
Im November beginnen die sogenannten stillen Tage. Auf den Friedhöfen werden die Gräber hergerichtet und an den Kriegsdenkmälern wird an die Kriegstoten und den Opfern der Gewaltherrschaft aller Nationen erinnert.
Auf unserem Kirchhof in Oeversee steht vor dem Kirchturm ein Obelisk aus Sandstein mit vier Kanonenkugeln auf der Spitze, das sogenannte Belgier Denkmal. Es ist eines von mehreren Kriegsgräberstätten auf unserem Kirchhof. Der Obelisk erinnert an das Gefecht bei Sankelmark und Oeversee am 6. Februar 1864.
133 österreichische Soldaten aus dem k.k.9. Feldjäger Bataillon und vom Infanterie Regiment König der Belgier Nr. 27 wurden hier bestattet. Im gleichen Jahr wurde das Denkmal von österreichischen Soldaten errichtet und eingeweiht.
Im Laufe der Jahre war das Grab jedoch stark verwittert und das Fundament durch Baumwurzeln erheblich beschädigt. Die vier Kanonenkugeln auf der Spitze waren herausgebrochen und die Inschriften waren beschädigt. Durch Veränderungen des Friedhofes stand das Denkmal außerdem „falsch herum“.
Umfangreiche Arbeiten waren erforderlich, um das Denkmal wieder herzurichten.
Das Denkmal wurde komplett gedreht, ein Baum gefällt und Wurzeln beseitigt, der Sandstein des Obelisk und die Inschriften wurden nachgearbeitet und die vier Kanonenkugeln wieder befestigt.
Finanziert wurden die umfangreichen Arbeiten aus Mitteln des österreichischen Schwarzen Kreuz, des Innenministeriums des Landes Schleswig Holstein und des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Rechtzeitig zum traditionellen Oeverseemarch am 6. Februar 2009 erstrahlte der Sandsteinobelisk wieder im neuen Glanz und wird von der Kirchengemeinde Oeversee gepflegt.
-
Die Drei Denkmäler an der L317
Jährlich am 6. Februar marschieren ca. 300 bis 400 Menschen von Flensburg nach Oeversee um an das Nachhutgefecht zwischen Dänen und Österreichern zu Gedenken. Zahlreiche Denkmäler, sowie Einzel- und Massengräber zeugen von dem Gefecht.
An der Landstraße 317 in der Nähe des Sankelmarker See's befinden sich drei Denkmäler, die das Ziel des Oeverseemarsches sind.
Das „Denkmal am Wald“, hier wurden in einem Massengrab 43 gefallene Österreicher und 14 gefallene Dänen bestattet. Die Inschrift lautet: „Oeversee´s Feld sah Deutsche und Dänen im heißesten Kampfe, was sich im Leben bekämpfte, ruhet jetzt friedlich vereint“.
Das Denkmal wurde 1870 vom Hülfskomitee von 1864 errichtet. Aus dem Hülfskomitee von 1864 wurde später das Stammkomitee von 1864 e.V., das auch den Oeverseemarsch ausrichtet.
Das „Dänen – Denkmal“ wurde 1895 oberhalb des Sankelmarker See's errichtet. Eine Inschrift in dänischer Sprache lautet: „Errichtet zur Erinnerung an tapfere dänische Soldaten, die im Kampf gegen die Übermacht hier den Heldentod fanden für König und Vaterland“. Eine zweite Inschrift in deutscher Sprache lautet: „ Ein ehrendes Andenken sei auch den tapferen österreichischen Soldaten geweiht, welche fern vom Vaterland kämpfend hier auf dem Schlachtfelde ihr Leben ließen“.
Das „Österreicher – Denkmal“, liegt auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf einem Hügel. Es ist ein Massengrab für 76 im Gefecht gefallene österreichische Soldaten. Es wurde noch 1864 durch das k.k.VI. Armeekorps errichtet. Die Inschrift lautet: „Siegend fanden sie im Kampfe hier den Heldentod am 6. Februar 1864. Den tapferen Waffengefährten das k.k. Österreichische 6. Armeekorps“.
Wo sich heute das „Österreicher – Denkmal“ befindet, stand einst der Galgen der Uggelharde (damaliger Verwaltungsbezirk), die schon 1231 urkundlich erwähnt wurde. Noch am Ende des 18. Jahrhunderts sollen die Reste des Galgens oben auf dem Hügel über dem Sankelmarker See gestanden haben.
-
Das Ringreiten
Die Deutsche UNESCO-Kommission hat die Tradition des Ringreitens in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Unter dem Titel „Immaterielles Kulturerbe“ sammelt die UNESCO mündliche Überlieferungen, Bräuche und Feste, darstellende Künste, Wissen und traditionelle handwerkliche Fertigkeiten.
Beim Ringreiten müssen die Teilnehmer vom Pferderücken aus im Galopp mit einer stumpfen Lanze Ringe aufspießen. Die Ringe werden dabei über der Reitbahn aufgehängt. Wer die meisten Ringe sticht, gewinnt den Wettbewerb. Rund um die Spiele haben sich Feste und Umzüge mit eigenen Ritualen und Bräuchen gebildet.
Das Ringreiten entstammt der bäuerlichen Pferdewirtschaft. Laut alten Protokollbüchern wurde 1920 der Ringreiterverein Oeversee gegründet. Das erste Vereinslokal war der Kirchkrug zu Oeversee. Mitglied konnte laut Satzung nur werden, wer in Oeversee, Frörup, Augaard oder Juhlschau wohnte. Das Ringreiten und das Ringreiterfest fanden meistens am 2. Pfingsttag statt.
Vor Beginn der Wettkämpfe wurde der amtierende König zu Hause abgeholt. Die Teilnehmer begleiteten die Musik und eine Kutsche zum Hof des Königs, wo es immer einen kleinen Umtrunk gab. Dann ging es durch das ganze Dorf zum Festplatz.
Auf dem Festplatz warteten schon die Zuschauer, die Eintritt bezahlen mussten. Dieser betrug damals 30 Pfennige für Erwachsene und 5 Pfennige für die Kinder. Die Kinder standen an den Begrenzungen der Wettkampfbahnen und schauten sich alles ganz genau an.
Neben dem Ringstechen gab es noch das Trab-Reiten, das Stab-Reiten und ein Geschicklichkeit-Reiten.
Beim Trab-Reiten ging es um Schnelligkeit. Es musste im Kreis geritten werden und der schnellste Reiter war Sieger.
Das Stab-Reiten ist zu vergleichen mit dem Stuhltanz bei den damaligen Tanzvergnügen. Die Reiter ritten im Kreis um die in die Erde gesteckten Lanzen herum, wobei die Anzahl immer eine Zahl niedriger war, als die der Teilnehmer. Die Musik spielte und wenn sie plötzlich aufhörte, musste jeder versuchen eine Lanze zu ergattern. Wer keine ergatterte, war raus. Dann wurde eine Lanze entfernt und das Spiel begann wieder. Sieger war derjenige, der als Letzter nach blieb.
Beim Geschicklichkeit-Reiten wurde mit einem Glas Wasser geritten. Sieger war derjenige, der zum Schluss am meisten Wasser in seinem Glas hatte.
In späteren Jahren gab es auch ein sogenanntes Zitronen-Reiten, bei dem Zitronen aus einem Wassereimer geholt werden mussten und zwar mit dem Mund. Da hieß es dann beim Eimer vom Pferd steigen, Kopf ins Wasser, Zitrone herausholen, abgeben und wieder rauf aufs Pferd.
Zum Schluss der Veranstaltung wurde dann der König ermittelt.
Wegen der geringen Zahl von Pferden in der Kriegs- und Nachkriegszeit löste sich der Ringreiterverein auf und die wenigen verbliebenen Mitglieder schlossen sich 1949 dem Gesangsverein an.
In Schleswig-Holstein gibt es heute rund 300 aktive Vereine mit etwa 9000 Mitgliedern, die zwischen Mai und August Turniere mit Festumzügen organisieren.
-
Die Landung eines Flugzeuges in Oeversee
Vor seinem Selbstmord am 30. April 1945 hatte Adolf Hitler in seinem politischen Testament den Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Karl Dönitz, zum Reichspräsidenten ernannt.
Dönitz übernahm am 1. Mai 1945 die Führung der letzten deutschen Reichsregierung und verlegte zwei Tage später sein Hauptquartier auf das Gelände der Marineschule Mürwik. Von Mürwik aus leitete Dönitz die Kapitulationsverhandlungen ein und organisierte die Rettung von zahlreichen Flüchtlingen und Verwundeten aus den Osten des verbliebenen Reichsgebietes. Sein Ziel war es, möglichst viele Soldaten und Zivilisten in das Gebiet der Westmächte zu holen.
Erst in der jüngsten Vergangenheit haben Historiker die Rolle Flensburgs als Fluchtpunkt für die Drahtzieher des dritten Reich aufgearbeitet. Nicht nur Dönitz mit seiner Reichsregierung hatte sich nach Norden abgesetzt. Die so genannte Rattenlinie Nord benutzten auch viele andere Nazis, die den Verfolgern entgehen wollten.
Zum Beispiel SS-Reichsführer Heinrich Himmler, der sich mit 150 Personen seines Stabes nach Norden absetzte. In großen Mengen wurden in den letzten Kriegstagen im Flensburger Polizeipräsidium und in Mürwik falsche Papiere ausgegeben, die aus Massenmördern einfache Soldaten machten.
Doch nicht nur Nazis suchten Zuflucht in Deutschlands Norden. Zum Ende des Krieges hatte sich die Bevölkerungszahl Schleswig-Holsteins kräftig erhöht. Auf vier Einheimische kamen damals drei Flüchtlinge. Die Folge waren Wohnraummangel, Hunger, Arbeitslosigkeit und Spannungen zwischen den Einheimischen und den Zugezogenen.
In dieser Zeit, zum Ende des 2. Weltkrieges, ist in Oeversee nahe der Kirche ein großes viermotoriges Flugzeug der damaligen deutschen Luftwaffe sicher gelandet,
Zuvor hatten Soldaten der entsprechenden Einheit die Gegend hier nach einem geeigneten Landeplatz und einem sicheren Versteck für die Maschine gesucht. Die ganze Angelegenheit unterlag größter Geheimhaltung und wurde unseren Mitbürgern kaum bekannt. Durch Zufall ist uns erst im Jahr 2007 über dieses Ereignis berichtet worden.
Das Unternehmen war von der damaligen deutschen Reichsregierung, die sich nach Flensburg-Mürwik zurückgezogen hatte, vorbereitet und das Flugzeug sollte vermutlich für Regierungszwecke eingesetzt werden. Das Flugzeug war eine JU 290 (90) der Junkers-Werke und davon gab es nur wenige Exemplare. Für die Landung musste eine Hochspannungsleitung demontiert werden. Die Wiese gehörte dem Bauern Peter Jensen, wo die Besatzung auch Quartier bezog. Das Flugzeug wurde sicher heruntergebracht und nahe der Friedhofsgrenze sorgfältig getarnt.
Dem vorgesehenen Zweck konnte es nicht dienen, denn inzwischen waren britische Truppen einmarschiert und hatten Oeversee erreicht. Die Engländer beschlagnahmten das Flugzeug und wiesen die Besatzung an, das Flugzeug unversehrt zu übergeben – und zwar auf dem nahen Flugplatz in Flensburg-Weiche. Dieser Flugplatz war zum Kriegsende stark frequentiert, denn auch zahlreiche andere Maschinen der Luftwaffe hatten diesen letzten unbesetzten deutschen Flugplatz als Ziel erkoren.
Vor dem Start in Oeversee musste besagte Hochspannungsleitung erneut demontiert werden. Die erfahrene Besatzung brachte die Maschine trotz der kurzen Startpiste sicher wieder in die Luft. Kurz vor dem ziemlich steilen Abhang zum Sankelmarker See hin hob die Maschine ab und drehte noch eine „Ehrenrunde“ über Oeversee, um dann in Richtung Schäferhaus zu verschwinden.
-
Kiesberg Helgoland
Das Helgoland eine Nordseeinsel in der Deutschen Bucht ist, ist allgemein bekannt. Aber Helgoland in den Fröruper Bergen? Wenn man von der Landstraße 317 in Frörup, gegenüber der Tankstelle abbiegt, kommt man am Ende der Straße an eine Senke, wo einst der Kiesberg Helgoland lag.
Die Fröruper Berge entstanden durch die jüngste Eiszeit. Durch mehrmaliges Vor- und Zurückweichen der Gletscher entstand eine Endmoränenlandschaft mit Hügeln und Tälern. Durch großen Druck wurde Gestein in allen Größen von Kies bis hin zu Findlingen zu Hügeln aufgeschoben. Ab 1920 wurden Kies und Steine abgebaut. Es entstand eines der größten Kieswerke des Landes. Über 100 Arbeiter waren damals im Kieswerk beschäftigt. Steine für den Küstenschutz an der Nordsee und für den Bau des Hindenburgdamms zur Insel Sylt wurden hier abgebaut. Mit einer Lorenbahn gelangte das Material zur Umladung an die Bahnstrecke nach Tarp. Der größte nicht abgebaute Kiesberg Helgoland wurde in den 1960er Jahren vom Kalksandsteinwerk Oeversee zu Kalksandstein verarbeitet. 1970 entstand auf der abgebauten Fläche eine Freizeitanlage mit Park-, Spiel- und Grillplätzen. 1998 übernahm die Kurt und Erika Schrobach-Stiftung die Fröruper Berge.
Bereits 1936 wurde der Südteil der Fröruper Berge als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Um 1950 begann man als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit der Wiederaufforstung. Das Gelände mit eingestreuten Tümpeln, Teichen und dem lockeren Baumbestand ist heute als Kiesgrube nur noch schwer erkennbar. Das Naturschutzgebiet Fröruper Berge, mit seiner Wald-, Moor- und Heidelandschaft gehört heute aufgrund des hohen Naturschutzwertes, in das Naturschutzgroßprojekt „Obere Treenelandschaft“.
-
Ehemalige Schmiede Bundesstraße 3
Viele sind schon einmal an dem gelben Haus vorbei gefahren. Es steht in Oeversee an der Landesstraße (L317) gegenüber der Verkehrsinsel und der Abzweigung zum Stabelholmer Weg.
Der Name Bundesstraße rührt von der ehemaligen Bundesstraße (B 76) her. Diese Straße nutzt die Trasse des alten Pilger-, Herr- und Ochsenwegs. Diese Wegführung wurde ab 1840 zwischen Flensburg und Schleswig zur Chaussee und später weiter zur Europastraße (E3) ausgebaut. Mit Fertigstellung der Autobahn (A7) im Jahre 1978 wurde die E3 dorthin verlegt. Im Jahre 2004 wurde die B76 zur Landesstraße (L317) herabgestuft.
Das Haus wurde ca. 1880 für den Tischler Peter Diedrichsen gebaut.Von ihm stammen viele schöne Tischlerarbeiten und besonders viele Decken in hiesigen Gastsälen.
1893/94 übernahm erst ein Schmied von der Werft in Flensburg das Gebäude, dann ebenfalls ein aus Flensburg stammender Johannsen, genannt der "Eierpannkok". Die Chronik berichtet, dass er mit der Hebamme aus Frörup durch brannte und nach Amerika auswanderte.
1912 kaufte Schmiedemeister Ludwig Fr. Petersen das Anwesen. Später war er Taxifahrer und Tankwart. Sein Sohn Peter übernahm 1960 den Betrieb mit Tankstelle.
1991 wechselte wieder der Besitz. Ab 1995 wurde das Anwesen zu Wohnungen umgebaut und erstrahlt seitdem im gelben Anstrich.
-
Ende des 2. Weltkrieges in Oeversee
Der 8. Mai 1945 gilt als offizielles Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa. Mit Tod, Trauer, Not, Leid und Verzweiflung endete vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg. Die Zahl der Toten übersteigt jede Vorstellung. Die Städte lagen in Schutt und Asche. Nicht nur Großstädte gingen im Hagel aus Spreng- und Brandbomben unter, auch kleine Orte bis hinunter zu Dörfern wurden bombardiert.
Die Barderuper Chronik berichtet von einen Angriff. : „ Am Abend des 16.10.1940 kreiste ein englisches Flugzeug lange über Barderup und warf schließlich zwei Sprengbomben ab, die erste Bombe traf das Wohnhaus des Bauern Johann Heinrich und vernichtete es. Zum Glück hatten nur die Tochter und das Mädchen leichte Verletzungen erlitten. Die zweite Bombe ging in Verlängerung der Schule 300m südwestlich ins Feld.“
Am 21.06.1941 traf eine Bombe den Hof in Oeverseefeld. Karl-Heinrich Hüsing und seine Frau Hellene kamen dabei ums Leben. Der Hof wurde noch während des Krieges wieder aufgebaut.
Am 16.10.1942 kam es zu einem Luftangriff auf Baderup mit mehr als 1000 Brandbomben. Das Dorf selbst nahm laut Chronik keinen Schaden.
Am 15.04.1944 erlebte der damals 10jährige Claus Neuwerk einen Tieffliegerangriff. In der Barderuper Chronik beschreibt er sein Erlebnis.: „Es war in den Osterferien am 15.04.1944. Ich verlebte meine Ferien wie schon öfter, bei Tante Tine und Onkel Hannes Kleeberg in Oeverseefeld.
Es war die Zeit der Frühjahrsbestellung und wir waren beim Dünger säen. Mein Vetter Hannes jun. und ich saßen auf dem Kutschbock beim Einspänner-wagen. Onkel Hannes säte Dünger mit der Handschaufel. Der Acker lag etwa 1000m westlich der Bahnstrecke Flensburg – Hamburg. Wir waren gerade 100m gefahren, da wurde ein aus Flensburg kommender Güterzug in der Höhe des Bahnüberganges von zwei englischen Flugzeugen angegriffen. Die Lok wurde schwer getroffen. Sie rollte noch aus und kam genau auf dem Acker, auf den wir säten, zum Stehen. Viele hundert Soldaten verließen fluchtartig den Zug und brachten sich in Deckung. Die feindlichen Jäger drehten genau über uns in etwa 20-30m Höhe, so dass unser Pferd scheute, die Stränge rissen und „Liese“ ging durch. Wir brachten uns an den mit Dornen bewachsenem Wall in Sicherheit. Mein Vetter Hannes hatte sich wohl an den Dornen gerissen. Er meinte zuerst, er hätte einen Streifschuss. Beim zweiten Angriff auf die Lokomotive, kam neben uns in etwa 20m Entfernung eine Salve aus der Bordkanone an. Ob gezielt auf uns geschossen oder über die Lok hinweg geschossen wurde, kann ich nicht sagen.
Jedenfalls hatte ich einen ordentlichen Schrecken bekommen und es war mit dem Osterferienaufenthalt vorbei. Ich radelte sofort nach Hause. Kurz darauf erfuhren wir die traurige Nachricht, dass die Schrankenwärterin Emma Jann aus Oeversee und der Heizer der Lokomotive bei dem Angriff ums Leben kamen. Wir haben uns später noch das völlig durchlöcherte Schrankenwärterhäuschen angesehen.“
Zum Glück haben wir seit 75 Jahren Frieden und Europa ist wieder aufgebaut. Aber auch nach 75 Jahren gehören Bombenfunde in Deutschland immer noch zum Alltag. Die Blindgänger stellen weiterhin eine Gefahr dar, da Zünder und Sprengstoff in der Regel noch funktionstüchtig sind. Man geht von etwa 100 000 noch unentdeckten Blindgängern aus.
-
Arbeitsdienst
Der Arbeitsdienst leistete freiwillig oder auf Grund gesetzlicher Vorgaben körperliche Arbeit für die Allgemeinheit ohne ein nach den sonst üblichen Lohnbedingungen entsprechendes Entgelt. Solchen Arbeitsdienst gab es auch in verschiedenen europäischen Staaten und in den USA.
Die deutsche Organisation war in den Jahren der Massenarbeitslosigkeit nach 1930 auf freiwilliger Basis tätig. Sie ging 1935 in den sogenannten Reichsarbeitsdienst (RAD) über, der aber ein Pflichtdienst war. Alle jungen Deutschen wurden zum Pflichtdienst einberufen und wurden uniformiert. Es erfolgte eine straffe Ausbildung, politische Schulung und später auch eine vormilitärische Ausbildung.
Auch in Oeversee gab es eine entsprechende Einrichtung. Hier hatten die freiwilligen Arbeitsmänner ihre Unterkunft zunächst in der Scheune des Pastorats. Eine ihrer ersten größeren Aufgaben war die Dränierung des Harsee-Moores. Der RAD hat bis 1936 den Abfluss des Sankelmarker Sees, die Beek, tiefer gelegt. Das Ziel war es, den Wasserspiegel des Sees abzusenken, damit der Landwirtschaft mehr Fläche für die "Volksernährung" zur Verfügung gestellt werden konnte. Es wurden etwa 20 ha Nutzfläche hinzugewonnen. Die entsprechenden Forderungen stellte die politische Seite, der sogenannte "Reichsnährstand".
Die weibliche Jugend, später "Arbeitsmaiden" genannt, hatte ebenfalls einen Stützpunkt. Im Bereich der Gemeinde Munkwolstrup befanden sich ihre Baracken in Bilschau an der heutigen L 317. Von hier aus verrichteten sie ihren Dienst auf den landwirtschaftlichen Betrieben in der Umgebung. Zitat aus der Sankelmarker Chronik: Der Einsatz der weiblichen Jugend zur Entlastung der Bäuerin sollte jetzt im Kriege so hoch wie möglich sein. Von den Lagern aus erfolgt der Einsatz zu Fuß oder mit dem Rad in die umliegenden Dörfer. Zu weit darf der Weg nicht sein, denn er ist in der Arbeitszeit von neun Stunden mit eingerechnet. Die Maiden helfen der Bauersfrau bei ihrer Arbeit in Haus und Küche, Stall und Garten und auf dem Feld, damit sie ohne ihren Mann, ohne die Hilfe der Söhne und Knechte, die an der Front stehen, die Arbeit für die neue Ernte schaffen kann. Mit viel Mut und gutem Willen gehen die Maiden an die Arbeit heran, auch wenn sie noch keine Erfahrung darin haben. Sie geben durch ihre unverdrossene Bereitschaft der Bäuerin Trost in schwerer Zeit und helfen durch ihren Frohsinn die Sorgen mitzutragen.
Nach den 2. Weltkrieg wurden die Baracken mit vielen Flüchtlingsfamilien belegt. Erst im Jahre 1950 normalisierte sich das Wohnungsproblem.
-
Die Sprengkuhle
Vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Die Alliierten standen vor der Frage: „ Wohin mit den tödlichen Überbleibseln aus dem Krieg“ ? Millionen Tonnen Bomben, Granaten, Minen und Torpedos mussten vernichtet werden. Das einfachste war das Versenken im Meer oder das Sprengen. Noch heute verrotten Millionen Tonnen Munition auf dem Grund von Nord- und Ostsee.
Im Winter 1945/46 begannen britische Truppen in der ehemaligen Kiesgrube in den Fröruper Bergen mit der Beseitigung der Munition der Wehrmacht.
Große Mengen Munition verschiedenster Art wurde einfach gesprengt.
Von Frörup aus konnte man diese Sprengungen beobachten. Die warnenden Hornsignale waren bis ins Dorf zu hören und die Sprengwolken waren zu sehen. Durch die gewaltigen Druckwellen gingen im Dorf etliche Fenster zu Bruch. Bei Bauer Jagim litt besonders das Dach des Schweinestalles. Die Sprengungen waren zum Teil recht unvollkommen. Die Geschosse wurden aus der Sprenggrube herausgeschleudert und sind bis in das zur Torfgewinnung genutzte Moorgelände geflogen. Die Masse der Geschosse drangen in das Erdreich im Umkreis der Sprengkuhle ein. An Tagen, an denen nicht gesprengt wurde spielten Kinder mit der teilweise noch scharfen Munition, oder sie wurde beim Schrottsammeln gefunden.
So kam es zu schweren und tödlichen Unfällen durch Munition. Ein 12 jähriger Junge aus Flensburg verunglückt tödlich als er mit seinem Vater Schrott sammelte, außerdem sind ein Junge und zwei Mädchen im Alter von 10 bis 12 Jahren durch explodierende Munition so schwer verletzt worden, dass beiden Mädchen ein Bein und dem Jungen die rechte Hand abgenommen werden mussten. Noch bis 1954 wurde Torf abgebaut und es geschah immer wieder, dass sich Granaten in Torfsoden wieder fanden, und dann bei der Explosion Öfen und Herde zerstörten. Ein Zeitzeuge erinnert sich an fünf solcher Fälle.
Zu Beginn der fünfziger Jahre kam es im Frühjahr und Sommer an heißen Tagen öfter zu Flächenbränden durch Selbstentzündung, wobei auch Phosphor von den Munitionsresten als Ursache vermutet wurde. Die Einsätze der Feuerwehr waren recht gefährlich, da häufig Munition explodierte. Am 1.8.1952 begann die Räumung des Sprengplatzes mit einem Greifbagger, wobei 2000 Quadratmeter Boden umgesetzt und durchgearbeitet wurden. Die drei großen Sprengtrichter wurden eingeebnet und das Gelände aufgeforstet. Noch heute ist bei den älteren Frörupern diese Grube in den Fröruper Bergen als „Die Sprenggrube“ bekannt.
-
Mauerbau 1961: Hier die Freiheit, drüben die Lieben
Jedes Jahr am 13. August jährt sich der Bau der Berliner Mauer in Berlin. Sie war Teil der innerdeutschen Grenze und trennte bis zum 9. November 1989 Westberlin vom Ostteil der Stadt – und ganz Deutschland. Dietrich von Feilitzsch gelang in letzter Sekunde die Flucht in die Freiheit.
Es war ein ganz normaler Morgen. Dietrich von Feilitsch wurde wie immer von seinem Vater geweckt. Müde sei er gewesen, denn am Abend zuvor war er mit Freunden am Potsdamer Platz noch zu einem späten Kinobesuch aufgebrochen. „Gegen halb eins sind wir mit der Straßenbahn vom Westen zurück in den Osten gefahren“, erinnert sich der heute 76-Jährige. Von dem anstehenden Einschnitt in die Freiheit vieler, dem Mauerbau, habe er zu diesem Zeitpunkt noch nichts bemerkt. Nachdem sein Vater ihm morgens mitteilte, dass die Grenzen dicht seien und eine Mauer gebaut werde, bekam von Feilitzsch Panik. „Ein Gefühl des Eingesperrt-Seins breitete sich in mir aus“, beschreibt er. Sein drei Jahre jüngerer Bruder und seine Mutter waren zu dieser Zeit in Urlaub. Er war allein mit seinem Vater in der kleinen Wohnung am Prenzlauer Berg. Lange überlegt, was zu tun sei, habe er nicht. „Schnell habe ich meine wichtigsten Papiere zusammengesucht, sie in einer Plastiktüte versteckt und meinem Vater gesagt, daß er mal kurz draußen sei und sich das Spektakel anschaue, erinnert er sich.
Ein Abschied, der länger dauern sollte. Fünf Jahre blieben er und seine Familie getrennt. Was bewegt einen 20-jährigen jungen Mann dazu, Hals über Kopf seine Sachen zu packen und, ohne ein Wort zu sagen, zu fliehen? „Mein Vater war adelig und hatte studiert. Als Akademikersohn hätte ich es in einem Arbeiter- und Bauernstaat sehr schwierig gehabt“, erklärt von Feilitzsch seine damaligen Gedanken. Mit der S-Bahn ist ihm die impulsive Flucht gelungen. Bis zur Grenze Friedrichstraße konnte er fahren. Die letzten Meter in die Freiheit ist er waghalsig über Trümmerfelder in den Westberliner Teil des Tiergartens geklettert. „Und so war ich drüben“, berichtet der Mann, als ob es nichts Besonderes gewesen wäre. Erleichtert sei er gewesen – aber auch unsicher. „1.50 DM hatte ich in der Tasche, sonst nichts“.
Verinnerlicht hatte er seine Entscheidung noch nicht. „Abends fuhr ich noch einmal zur Mauer an der Heinrich-Heine-Straße“, sagt er. Dort hatte er die Situation vor sich: Auf der einen Seite die Freiheit, auf der anderen seine Lieben. Seine damalige Angst spiegelt sich heute noch bei den Erinnerungen in seinen Augen wider. Doch bereue er nichts. „Das war absolut die richtige und einzige Entscheidung“ sagt er. Zwei Tage nach seiner Flucht war er in Marienfelde als Flüchtling gemeldet. Danach reiste er zum Arbeiten nach Esslingen in Baden Württemberg. Seine Familie hat er bei der Geburt seines ersten Sohnes erstmals wieder gesehen - am 10. Juni 1966. Den Kontakt hielten sie anschließend mit Briefen aufrecht. Nachdem der damalige Bundeskanzler Willy Brandt 1972 in Erfurt festlegte, dass alle Flüchtlinge die vor 1970 flohen, ihren Familien im Osten besuchen dürfen, wurde der persönliche Kontakt auch wieder intensiviert – doch war er nie wieder gern in Ostberlin.
In Oeversee lebt er mit seiner Frau seit 1971; seine drei erwachsenen Kinder führen mittlerweile ihr eigenständiges Leben.
-
Schneekatastrophe 1978/79
Zum Jahreswechsel 1978/79 erlebte der Norden Schleswig Holsteins einen Wintereinbruch, der mit Sturm, Eisregen, Schnee und einen Temperatursturz von 20 Grad in wenigen Stunden, zu einer Katastrophe führte.
In vielen Orten fielen der Strom und die Telefonnetze aus. Schneeverwehungen brachten den Straßenverkehr und ganze Eisenbahnstrecken zum erliegen. Tagelange heftige Schneefälle und der Sturm führten zu meterhohe Schneeverwehungen. Autobahnen und Landstraßen waren unpassierbar. Dörfer waren von der Außenwelt abgeschnitten. Ölheizungen fielen aus, Schweine kollabierten in den Ställen, Kühe konnten nicht mehr gemolken werden. Taschenlampen, Kerzen und batteriebetriebene Lampen und Radios kammen zu neuen Ehren. Wohl dem, der einen Ofen und Holz hatte. Nachbarschaft wurde wieder groß geschrieben. In den Medien wurde weltweit berichtet, aber was geschah bei uns in den Gemeinden und Dörfern? In unserer Chronik finden wir nur wenig zu diesem Ereignis. Im „treene-spiegel“ aus jener Zeit sind wir dann doch noch fündig geworden:
Der TSV Oeversee hatte zwei Fußball-Jugendmannschaften vom SC Westend 01 Berlin zu Gast. Es war vorgesehen, am 29. Dezember 1978 mit befreundeten Vereinen aus dem Schleswiger Raum ein D- Jugend Hallenturnier in Schleswig durchzuführen. Für die mitgereiste Berliner A- Jugend war ein Freundschaftsspiel gegen die Oeverseer Alterskameraden geplant. Die kleinen Berliner wurden bei Sankelmarker und Oeverseer Familien, die Großen im „Kirchkrug Oeversee“ untergebracht. Womit keiner gerechnet hatte, der Schneesturm zerriss die Stromleitungen und ein Durchkommen nach Schleswig nicht mehr möglich. Im Kirchkrug ging das Licht aus. Mit dem Stromausfall wurde auch die Heizung kalt. Die Jungs, die zum großen Teil nur in Trainingsanzügen und Windjacken angereist waren, begannen zu frieren. Die Bundeswehr, die auf die Berliner aufmerksam gemacht worden war, versorgte sie mit wärmenden Decken und sorgte für die Evakuierung in die Landesfeuerwehrschule Harrislee.
Wesentlich besser hatten es die kleinen Berliner getroffen. In der Geborgenheit einer Familie mangelte es ihnen an nichts. Sie fanden sich recht schnell in die Lebensgewohnheiten der Dorfbewohner ein. Silvester sah man beim „Rummelpott-Laufen“ unter den vermummten Gruppen auch mehrere kleine Berliner, die das soeben gelernte Lied vom „kleinen König“ voller Stolz sangen.
Als am 4. Januar 1979 der Katastrophenalarm aufgehoben wurde, konnten unsere Freunde vom SC Westend 01 wieder nach Hause fahren.
Die Gemeinde Oeversee war während der Schneekatastrophe 22 Stunden ohne Strom. Dank des sofortigen Einsatzes aller Räumfahrzeuge der Firma Gonde Clausen konnten die Verkehrsweganbindungen freigehalten werden, so dass die Milchabfuhr aller außenliegenden Höfe sichergestellt werden konnte.
Die Notunterbringung von nahezu 100 Personen in den beiden Gastwirtschaften „Historischer Krug“ und „Kirchkrug“ war eine besondere Problematik. Hier bescherte der Stromausfall zusätzliche Probleme. Auch diese konnten mit Hilfe der Bundeswehr gelöst werden.
Nur durch den Einsatz aller Mitbürger, der freiwilligen Feuerwehr, die sich besonders um die älteren Mitbürger, Notstromversorgung und dringende Einsätze kümmerte und der Firma Gonde Clausen und seiner Fahrer, die rund um die Uhr im Einsatz waren, ermöglichte nach verhältnismäßig kurzer Zeit der Schneemassen Herr zu werden.
Eine große Hilfe war auch das Marinefliegergeschwader 2 in Tarp. Soldaten des MFG 2 halfen tatkräftig in den Gemeinden Oeversee, Eggebek, Böklund und Silberstedt. Aus der Gaststätte in Barderup wurden 60 Personen in die Notunterkunft nach Tarp gebracht. Zeitweilig waren über 100 Menschen und 3 Hunde in der Kaserne untergebracht. Eine Patrouille im Bereich Jerrishoe rettete durch die Anforderung eines Tierarztes per Hubschrauber das Leben einer Kuh.
Der Flugplatz diente als Stützpunkt für Versorgungsflüge mit Hubschraubern des Heeres.
Soldaten schaufelten Weichen, Schienen, Züge und andere Einrichtungen der Bahn frei, unter anderem einen Zug in Baderup, der in den Schneewehen stecken geblieben war.
Am 13. Februar 1979 kündigte sich mit orkanartigen Stürmen und dichten Schneefällen ein neues Schneechaos an. Von Dienstag bis Sonnabend trieb der Sturm ein zweites Mal den Schnee über das Land. Die Stromleitungen hielten diesmal besser, nur 4000 und nicht 15000 Menschen saßen im Dunkeln. Wieder steckten Züge in Schneewehen fest.
Doch es wurden auch aus dem ersten großen Schnee Lehren gezogen. Auf vielen Bauernhöfen waren Notstromaggregate und Plastiksäcke zum Einlagern von Milch angeschafft worden. Insgesamt wurde der zweite große Schnee gelassener aufgenommen.
Wer diesen Winter 1978/79 miterlebt hat, wird ihn so schnell nicht vergessen. Jeder hat seine Geschichte erlebt oder Fotos vom großen Schnee geschossen. Das ist jetzt 40 Jahre her und die Erinnerungen verblassen und die Fotos vergilben. Wenn Sie wollen, dass Ihre Geschichte nicht vergessen wird, schicken Sie sie uns und Ihre Fotos für die Chronik.
Chronikgruppe Oeversee, Gemeinde Oeversee, Tornschauer Str. 3-5, 24963 Tarp oder per E-Mail an: GemChronik-Oeversee@web.de
-
Der Frauenwald in Oeversee
Das Landesfest „Schleswig-Holstein-Tag“ fand von 1978 bis 2012 im zweijährlichen Rhythmus statt. Er wurde auf Anregung des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes ins Leben gerufen. Vor allem ehrenamtliche Vereine und Verbände konnten sich hier präsentieren.
1985 beteiligte sich der Landfrauen-Kreisverein Flensburg am Schleswig-Holstein-Tag unter dem Motto: „Frauen gestern-heute-morgen“. Viele Landfrauen verkauften Anstecknadeln im Wert von 13000 DM für die Aktion „Pflanzen für die Zukunft“.
Der Kreis Schleswig-Flensburg hatte 4 ha Land von einem Landwirt in Oeversee zur Aufforstung gekauft. Ein Teil dieser Fläche, ca. 1 ha wurde der Frauenwald, bepflanzt mit verschiedenen Gehölzen.
Im Herbst 2002 machten sich 85 Landfrauen von 21 Ortsvereinen aus dem Landfrauen-Kreisverein Flensburg erneut auf, Bäume im Frauenwald zu pflanzen. Zur Erinnerung an dieser Aktion wurde eine Bronzetafel auf einem Feldstein am Augaarder Weg in Oeversee errichtet. Die Inschrift lautet:
FRAUEN GESTERN-HEUTE-MORGEN
SCHLESWIG-HOLSTEIN-TAG 1985
DURCH EINE SAMMELAKTION DER FRAUEN
DES KREISES SCHLESWIG-FLENSBURG
ENTSTAND DIESER WALD
2013 wurde die Einstellung des Schleswig-Holstein-Tages, aus finanziellen Gründen, bekannt gegeben.
-
Brief an den Bürgermeister
Er fiel sofort auf zwischen all den amtlichen Schreiben und Sitzungsprotokollen: der Brief mit Kinderhand auf Briefpapier mit Vogelmotiv geschrieben.
Kinder aus Frörup haben ihn in den 1980er Jahren an ihren Bürgermeister geschickt. Sie schilderten ihre Situation morgens um 06:15 Uhr an der Bushaltestelle. Jeden Morgen standen sie dort bei Wind und Wetter und warteten auf den Schulbus nach Satrup. Bei Regen und Schnee konnten sie sich nicht unterstellen, und bei starkem Wind half auch kein Regenschirm. Mit durchnässter Kleidung und vor Nässe tropfenden Schul- und Sportsachen mussten sie den Schultag überstehen.
Der Brief endete mit der Bitte um Errichtung eines Unterstandes an der Bushaltestelle, der nicht nur den Schülern, sondern mithin der gesamten Gemeinde zugute kommen sollte.
Bild 1 zeigt den Stapelholmer Weg zu dieser Zeit. Kein Fuß oder Radweg, die Straßenränder waren nicht befestigt. Fußgänger und Radfahrer mussten die Fahrbahn benutzen.
Bild 2 zeigt den gleichen Straßenabschnitt heute. Die Straße ist ausgebaut, mit Busspur, Fuß- und Radweg.
Bild 3 zeigt die Bushaltestelle Stapelholmer Weg 70 mit Unterstand.
Der Stapelholmer Weg ist heute gut ausgebaut. Von Oeversee bis Frörup mit Bushaltebuchten, Fuß- und Radweg - und wo es möglich war, wurden auch Bushäuschen zum Schutz vor Wind und Wetter errichtet.
Der Brief an den Bürgermeister beweist, dass auch Kinder an der Gestaltung der Gemeinde Einfluss nehmen können - man muss sich nur trauen.
-
Das Amtsgebäude
Am Brautplatz in Oeversee baute 1957 das Amt Oeversee ein Amtsgebäude. Die Amtsverwaltung war im Erdgeschoss untergebracht und im Dachgeschoss befand sich die Dienstwohnung von Frau Dummer. Sie war Amtsschreiberin der ersten Generation. Sie war für alle Bürgerinnen und Bürger des damaligen Amtes Oeversee mit den noch selbstständigen Gemeinden Barderup, Munkwolstrup, Frörup, Oeversee und Jarplund sowie für die Gemeinde Tarp tätig.
Nach der Gebietsreform und der Zusammenlegung der Ämter Oeversee und Sieverstedt mit dem Sitz in Tarp übernahm sie die Leitung des Sozialamtes, bis sie 1976 aus dem Dienst ausschied. Ihre Dienstwohnung im Amtsgebäude in Oeversee bewohnte sie noch bis 1991.
1973/74 wurde das Amtsgebäude in Tarp gebaut und der Amtssitz nach Fertigstellung 1974 dort hin verlegt.
1991 folgte die Aufstockung des Gebäudes um ein Dachgeschoss.
In den Jahren 2013/14 erfolgte eine umfassende energetische Renovierung und eine Farbneugestaltung. Eine Dienstwohnung im Dachgeschoss, wie sie damals Frau Dummer in Oeversee bewohnte, gibt es allerdings nicht mehr in unserem schönen Amtsgebäude in Tarp. Das Dachgeschoss deckt den zusätzlichen Platzbedarf der Verwaltung und des Archivs.