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Postkarte von 1918
Postkarte von 1918

Wenn unsere Kirche erzählen könnte.

Die Kirche in Oeversee hat schon viel erlebt. Sie hat den Dreißigjährigen Krieg, die Pest und Cholera, den Deutsch-Dänischen Krieg und zwei Weltkriege überstanden.

Die St. Georg-Kirche wurde im 12. Jahrhundert aus Feldsteinen gebaut. Mit ihrem massiven Rundturm mit Schießscharten war sie eine Wehrkirche und gehörte zu einem Befestigungssystem.

Die verkehrspolitische und militärische Bedeutung ergab sich aus ihrer Lage am Ochsenweg (Heerweg, Europastraße). Es war der einzige Verkehrsweg auf dem Lande zwischen Skandinavien und dem übrigen Europa. Von ihm zweigte bei Oeversee der Stapelholmer Weg ab, der am Nordufer der Treene nach Hollingstedt, dem Nordseehafen der Wikingerstadt Haithabu, weiter nach Tönning in der Eidermündung führte. Tönning war später der bedeutendste Englandhafen Jütlands.

Die Kirche war wohl von Anfang an dem Heiligen Georg geweiht, dem Schutzpatron der Reisenden.

Das ergab sich von selbst, da Oeversee Raststätte war an dem einzigen Weg für die Pilger aus Nordeuropa zu den berühmten Wallfahrtsorten Jerusalem, Rom und Santiago in Spanien.

Sie kamen hier alle vorbei, Fürsten, Soldaten, Kaufleute, Pilger, aber auch Diebe und Banditen. Die öffentliche Sicherheit war in alten Zeiten gering, Besonders wurde die friedliche Bevölkerung durch herumstreifenden Vagabunden belästigt. So klagte ein Pastor z.B. im Jahre 1762 darüber, dass an einem Tag 15 Bettler bei ihm gewesen seien. Wies man sie ab, dann musste man Diebstahl, Überfälle oder Brandstiftung befürchten.

Die Obrigkeit verhängte viele Strafen, Geldbrüche oder körperliche Strafen. Ehebruch, Mord und Raub wurden mit dem Tode bestraft, Hexerei und Brandstiftung mit Verbrennung, und einem Meineidigen wurden zwei oder drei Finger abgeschlagen. Besonders viel wurde das Halseisen angewandt. Es musste in jedem Dorfe ein solches vorhanden sein. Der Verbrecher wurde mit diesem Eisen um den Hals öffentlich auf dem Marktplatz oder des Sonntagmorgens an der Kirchentür aufgestellt.

Der Kirchhof wurde überhaupt sehr wenig als heiliger Platz angesehen, wo Frieden und Pietät herrschen sollten. In den Kirchdörfern, wo kein Marktplatz vorhanden war, wurden die Vieh- und Krammärkte einfach auf dem Kirchhof abgehalten. Wie oft mag das auch in Oeversee gewesen sein.

Hier wurde Jährlich am 23. April, dem Tag des Heiligen Georg, zu welchen man in katholischer Zeit gewallfahrtet war, ein großer Jahrmarkt abgehalten. Wenn der König von seinen Untertanen etwas wollte, wenn ein Bauer in Oeversee ein Schwein zum Kauf anbot, wenn in Frörupholz Bäume zu kaufen waren oder in Tarp eine Versteigerung stattfand, alles erfuhren die Leute am Sonntagmorgen, zum Teil durch den Pastor von der Kanzel, zum Teil lasen sie es an der Kirchentür.

Immer wenn Unheil drohte, suchten die Dorfbewohner Schutz hinter den dicken Mauern der alten Felsenkirche, so z.B. auch 1864 während des Anrücken der Österreicher. Ein Augenzeuge berichtete: „Solange noch kein Gewehr- und Geschützfeuer zu hören ist, sind viele Männer und vor allem die Jungs noch draußen, um von dem aufregenden Schauspiel möglich viel mitzubekommen. Erst als einige verirrte Kugeln gegen die Kirchenmauern klatschen, ziehen es die Beobachter doch vor, sich in Deckung zu begeben, können es aber doch nicht lassen, aus den Schießscharten des Turmes das Kampfgelände weiterhin im Auge zu behalten...“