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Hügelgrab (Bildausschnitt: Google Earth)

Autofahrer, die sich auf der Landesstraße L317, (der ehemaligen Bundesstraße 76) von Oeversee kommend in Richtung Schleswig bewegen, werden es kaum bemerken, dass sie kurz vor Verlassen des Gemeindegebietes von Frörup an einem der größten Hügelgräber unserer näheren Umgebung vorbeifahren. Radfahrer und besonders Fußwanderer werden sie aber schon gesehen haben, die beiden Grabhügel beim landwirtschaftlichen Betrieb der Eheleute Helmut Möller in Frörup.

Während es sich bei dem flacheren um einen überpflügten Hügel von 20 m Durchmesser und 1,5 m Höhe handelt, weist der größere die imposanten Ausmaße von 25 m Durchmesser und gut 6 m Höhe auf. Nach der Flurkarte von 1805 wird dieses historische Gelände „Thinghuisblock" genannt. Pastor Henningsen aus Oeversee (1854-64) wies mit einem Schreiben an das Kgl. Amtshaus in Flensburg auf „Thinghui" hin und merkte an, dass der Grabhügel zu jener Zeit noch nicht „durchgraben" gewesen sei. Zwischenzeitlich, so meinen ältere Bürger, sei der große Hügel von oben geöffnet worden. Auch seien nicht wenige Kubikmeter Sand von dort abgefahren worden.

 

Es sind leider nur noch wenige größere archäologische Monumente, die den Verlauf des vorgeschichtlichen Heerweges der Stein- und Bronzezeit von Skandinavien in die südlichen Länder markieren, vorhanden. Entlang dieser Trasse siedelten sich seither Bauern und Krugwirte an, um den Durchreisenden zu Diensten zu sein. Im Verlaufe der weiteren Zeit bildeten sich die Dörfer an dieser Durchzugsstraße, deren äußeres Erscheinungsbild sich nunmehr asphaltiert darstellt.

 

Im Gemeindegebiet von Oeversee sind noch zahlreiche Grabhügel und Steingräber verzeichnet und einige auch noch gut zu erkennen.

Der Name THINGHY deutet auf ein Thing, eine Gerichtsstätte, hin und so war es vor vielen Jahren auch. Auf dem riesigen Hügelgrab, einem der größten in unserer Landschaft, war lange Zeit die Thingstätte der Uggelharde, einem der vier Gerichtsbezirke die früher, das heißt, bis zum Jahr 1867 zum Amt Flensburg gehörten. Das Amt Flensburg wiederum umfasste seinerseits den Stadtbezirk Flensburg und die angesprochenen vier Harden, namens Husbyharde, Wiesharde, Nieharde und Uggelharde. Die Harden werden im Jahre 1231 erstmalig in „Waldemars Erdbuch" genannt, sind aber mit Sicherheit sehr viel älter.

 

Über die Bedeutung des Wortes HARDE gehen die Meinungen der Wissenschaftler stark auseinander. Einig ist man allerdings darin, dass es sich dabei zunächst um eine militärische Einheit gehandelt hat. Das Wort jedenfalls kommt aus dem Dänischen und soll „herred" in der Bedeutung von „Schar, die nach dem Ort des gemeinsamen Gerichts, der gleichen Kult- oder Verwaltungsstätte reitet" übersetzen. In späterer Zeit hat sich aus dem Wort Herred der Begriff des Gebiets in dem diese Einheit wohnt, entwickelt. Andere Meinungen zielen darauf ab, dass es sich um eine militärische Einheit handelte, die dem König ein Schiff, die dazugehörige Mannschaft und die Ausrüstung zu stellen hatte. Erst später, nämlich im frühen Mittelalter, wurde die Harde ein Gerichtsbezirk mit einem Thing.

 

Auf dem HardesThing (-ding) wurde alles, was für das Öffentliche in damaliger Zeit wichtig war, verhandelt. Nicht nur Verbrechen oder Eigentumsdelikte, sondern auch Angelegenheiten, die heute der „freiwilligen Gerichtsbarkeit" unterliegen, nämlich Vormundschafts- und Nachlaßangelegenheiten, wurden auf dem Ding zur Sprache gebracht und die darüber entstandenen Streitigkeiten durch Gerichtsspruch geregelt. Auch Grundstücksübertragungen fanden hier statt, und darüber wurde eine förmliche Urkunde (die Dingswinde) ausgestellt. Den Vorsitz bei allen Gerichtstagen, die an jedem zweiten Sonnabend abgehalten wurden, führte der Hardesvogt, der vom König ernannt wurde. Zugegen auf dem Ding waren die freien Landbesitzer, Bonden genannt. Unfreie hatten bei dem Gerichtstag keine Stimme. Das Ding wurde unter freiem Himmel abgehalten und der Dingplatz durch vier Stöcke gekennzeichnet. Waffen durften zum Ding nicht mitgebracht werden bzw. mussten vorher abgelegt werden.

 

Das Ding galt als heilig, und Störenfriede wurden empfindlich bestraft. Dem Hardesvogt als Gerichtsherrn standen für die verschiedenen Gerichts-handlungen Geschworene (Näffninger) zur Seite, die von den Hardesleuten jeweils für ein Jahr gewählt wurden. Über andere Sachen wiederum entschieden Sandmänner, die auf Lebenszeit vom jeweiligen Landesherrn ernannt wurden. Je Trint gab es zwei Sandmänner in der Uggelharde; so waren also mindestens acht Sandmänner für ihren Teil der Rechtsprechung zuständig. Sie hafteten mit ihrem Eigentum für die Wahrhaftigkeit ihrer Entscheidungen und wurden außerdem bei wissentlicher Fehlentscheidung streng bestraft und natürlich ihres Amtes enthoben.

 

Die Sandmänner (sand = wahr) traten auf dem Landesding auf, das alle zwei Wochen, und zwar an den Samstagen, an denen kein Hardesding war, stattfand. Das Landesding für alle Harden im Herzogtum Schleswig fand regelmäßig in Urnehöved bei Apenrade statt.

 

Die Harden waren in Trinte unterteilt, die von einem Rechensmann geführt wurden. Diese hatten dafür zu sorgen, daß in ihrem Zuständigkeitsbereich alles in geordneten Bahnen verlief und konnten sich dabei der ihnen zugeteilten Hardesbevollmächtigten bedienen. Die Uggelharde, die eine Eule (dän. = ugle) in ihrem Amtssiegel führte, lag südwestlich von Flensburg und war unterteilt in das Oeverseer Trint und in jeweils ein weiteres für Groß- und Kleinsolt, für Sieverstedt und für Jörl.

 

Über den Mittelpunkt der Uggelharde gibt es unterschiedliche Auffassungen. Während E. Freytag (Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte, Band 1 Seite 6 und Chronik der Gemeinde Sieverstedt) Stenderup für den Hauptort hält, schreibt Pastor Jensen in seinem Buch „Angeln" dieses Attribut dem Ort Eggebek zu. Gesichert jedoch ist, dass das Thing auf dem Thinghy und später bei der Kirche zu Oeversee abgehalten wurde, bevor es in den Holzkrug in Süderschmedeby verlegt wurde.

Nach unseren Unterlagen hat im Jahre 1744 im heutigen Hause Treenetal 2 der Hardesbevollmächtigte gewohnt und vermutlich ist deshalb die Bezeichnung ”Das Thinghaus” überliefert. Die Lage des Thingplatzes weist zumindest bei den älteren Harden nicht direkt auf den Hauptort der Harde hin. Man hat aber schon stets Wert darauf gelegt, die Thingstätte so zu legen, dass sie von allen Bewohnern bequem erreicht werden konnte. So liegt Thinghy direkt bei der Verbindung zwischen dem alten Ochsenweg mit dem Tondernweg, der ja in der Nähe auch den alten Stapelholmer Weg und die Treene kreuzt. Eine lagemäßige Verbindung von Thing und Kirche ist nicht feststellbar.

 

Ebenso wie die Thingstätte hatte jede Harde auch eine Richtstätte, also einen Galgenberg. Dies hat die Überlieferung des Volkes immer schon stark beschäftigt. Die Richtstätte der Uggelharde befand sich zuletzt östlich vom Sankelmarker See auf der Anhöhe auf der heute das Österreicherdenkmal steht. Bei den Vorbereitungen für das Fundament dieses Denkmals stieß man auf einige Balkenreste, die, wie sich herausstellte, Reste eines Galgens waren.

 

Diese Art der Rechtsprechung galt bis zum Inkrafttreten der Preußischen Gerichtsverfassung im Jahre 1867, als die Gerichtsbarkeit den Amtsgerichten zugewiesen wurde. Beispielsweise wurde das Kirchspiel Oeversee dem damaligen Amtsgericht Flensburg IV zugeteilt.

 

Die Stellung der Hardesvögte, die den Harden vorstanden, und dies oftmals mehrere Generationen lang in gleicher Familie, wurde nach der Gerichtsverfassung stark geschmälert. Ihnen blieben nur noch gewisse polizeiliche Befugnisse. Die Hardesvogtei wurde im 19. Jahrhundert soweit es die vier Flensburger Harden anbelangt, von Flensburg aus geführt. Sie unterstand den Weisungen des Landrats. Mit der Kreisreform vom 26. Mai 1888 wurden schließlich auch die Hardesvogteien aufgelöst.

 

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